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Die Logik der Mediation

Liebe Leserinnen und Leser!

In vielen Testverfahren, Einstellungstests und Rätselaufgaben werden sogenannte Logikfragen gestellt. Und auch im Alltag begegnet uns Logik immer wieder. Während der eine ein Verhalten oder einen Ablauf als völlig logisch empfindet, runzelt der andere vielleicht die Stirn, weil es sich so nach „seiner Logik“ nicht erschließt. Und auch im Bereich der Mathematik wird nahezu immer ein gewisses Maß an Logik vorausgesetzt.

 Der Begriff der Logik stammt übrigens vom griechischen Wort „logos“, was je nach Kontext mit Aussage, Behauptung, Wort, Rede oder Vernunft übersetzt werden kann. Nach der Meinung von Aristoteles beschreibt Logik die „Wissenschaft vom richtigen (Er-)Schließen“, wobei der Begriff von Hegel und Kant viele weitere theologische und philosophische Erweiterungen erfahren hat. Im Allgemeinen wird Logik als Lehre von den Grundsätzen des schlüssigen und richtigen Denkens betrachtet. Aber was ist schlüssig und was richtig? Gemeint ist wohl ein vernünftiges Schlossfolgern nach der Denklehre und Strukturwissenschaft.

Logik ist auch in jedem einzelnen Bereich der Mediation von Bedeutung, weshalb sich Mediatoren generell viel mit Logik befassen müssen. Denn das Mediationsverfahren ist ein logisches Verfahren für eine unlogische Situation bzw. einen unlogischen Konflikt.

 

Logik als Denkweise

Mediationslogik

Betrachtet man Logik als Denkweise, bei der einzelne Schritte folgerichtig durchlaufen werden, ist das Mediationsverfahren durchaus logisch. Im Mediationsverfahren werden jedoch unterschiedliche Denkweisen verwendet. Wenn also von der Logik der Mediation die Rede ist, besteht diese aus dem Zusammenhang verschiedener Gedankengänge, die sich im Erkenntnisprozess des Verfahrens wiederfinden. Nach dem Verständnis der kognitiven Mediationstheorie wird ein gedanklicher Weg über das Mediationsverfahren zusammengeführt.

 

Zusammenführung mehrerer Logiken

Das faszinierende an der Mediation ist, dass sie in der Lage ist, verschiedene Denkweisen zu vereinnahmen und zu vereinen. Dabei können sogar Denkweisen zusammengeführt werden, die allein betrachtet mit keiner anderen kompatibel sind. Logisches, dialektisches, assoziatives, deduktives, juristisches und psychologisches Denken werden in den „Mediationstopf“ geworfen und im Mediationsprozess miteinander verbunden. Auch dieses Wesensmerkmal des Mediationsverfahrens ist der Grund, warum es sich von den vielen anderen Verfahren unterscheidet.

Ein Beispiel:
In einer Familienangelegenheit vor Gericht fordert die Frau Kindesunterhalt für den gemeinsamen Sohn ein. In der mündlichen Verhandlung kommt es zu Vorwürfen und Gefühlsausbrüchen zwischen den Parteien, die aus dem Scheitern der Ehe stammen (und somit weder mit dem Kind noch mit dem Unterhalt zu tun haben). Das Gericht weist beide Parteien darauf hin, dass diese Gefühlsausbrüche und Vorwürfe in einer juristischen Auseinandersetzung nichts zu suchen haben. Während der Richter die Parteien zurechtweist und Diskussionen unterbindet, geht der Mediator detailliert darauf ein und findet einen Platz, wo diese Diskussionen hineinpassen.

Mediation verbietet nichts und gibt jedem Gedanken den benötigten Raum. Wichtig dabei ist eine Struktur zum Einsortieren der Gedanken, damit sie nach der Reihenfolge abgearbeitet werden können. Unterschiedliche Denkweisen werden der Reihe nach eingeordnet und später zu einem Gesamtbild zusammengefügt. Weder Struktur, noch Reihenfolge werden dem Zufall überlassen. Die Einteilung erfolgt nicht willkürlich, sondern nach der Mediationslogik. Eine logische Herangehensweise gehört zu den Grundsätzen des mediativen Denkens.

 

Logiksysteme der Mediation

Das Mediationsverfahren bindet verschiedene Logiken ein und führt sie zusammen. In ihrer Gesamtheit ergeben diese Logiken die tragenden Gedankengänge. Die einzelnen Logiken bestehen in der Regel aus:

  • Prozesslogik, durch die Schritte und Bedingungen beschrieben werden, die erfolgreiche Verhandlungen möglich machen. Die Prozesslogik beschäftigt sich mit Merkmalen, die den Konflikt als solchen identifizieren. Durch diese Logik wird innerhalb des Erkenntnisprozesses ein Konfliktbekenntnis ermöglicht. Insbesondere bei der Bestandsaufnahme und in der zweiten Mediationsphase wird Prozesslogik angewendet. Ein Prozess ist ein sich über eine gewisse Zeit erstreckender Vorgang, bei dem etwas abläuft oder aber entsteht. Die Mediation ist eine Art Suchprozess. Der eigentliche Prozess ist daher der Weg der Suche.

  • Themenlogik, die die Konfliktrepräsentanz beschreibt und den Konfliktgegenstand festlegt. Die Themenbildung in der Mediation eröffnet den Bearbeitungsumfang und beschreibt die Konflikte und Probleme, für die eine Lösung gefunden werden soll. Die Themenlogik setzt sich mit den Merkmalen zur Konfliktidentifizierung auseinander, was innerhalb des Erkenntnisprozesses ein Konfliktbekenntnis ermöglicht.

  • Phasenlogik, die Erkenntnisschritte und Struktur als Etappenziele definiert. Die Phasenlogik setzt sich mit den Zusammenhängen auseinander, die den Phasenablauf beeinflussen, um den Erkenntnisprozess im Mediationsverfahren zu verstehen. Die Mediation ist der Weg der Erkenntnis, die Phasen stellen die jeweiligen Wegabschnitte dar. Jeder weitere Wegabschnitt beinhaltet Gedankengänge, die zur Lösung führen.

  • Konfliktlogik, die erlaubt, auch mit statt nur gegen einen Konflikt zu arbeiten. Die Konfliktlogik bildet eine Dynamik zu einem folgerichtigen Verhalten ab. Konfliktlogik setzt sich mit den Nutzungsmöglichkeiten des Konflikts auseinander. Konfliktlogik definiert eigentlich einen unlogischen Vorgang: Konflikte stellen einen spannungsgeladenen Prozess dar, der seine Energie aus einem spannungsgeladenen Potenzial schöpft. Das Spannungspotenzial ist ursächlich für die Konflikteigenschaften. Im Mediationsverfahren wird diese Konfliktdynamik genutzt; also mit und nicht gegen den Konflikt gearbeitet.

  • Erkenntnislogik, die auf die Erkenntnisse schaut, die Medianden für eine optimale Lösung gewinnen müssen. Die Erkenntnislogik gilt als Richtschnur zur folgerichtigen Abwicklung des Verfahrens. Die Medianden selbst sollen ihre Lösung finden. Die Mediation unterstützt sie dabei durch das Anbieten von Gedankengängen, die Erkenntnisse vermitteln können, die letztendlich zur Lösung führen. Die kognitive Mediationstheorie, die das Verfahren als Erkenntnisprozess beschreibt, bildet dafür den wissenschaftlichen Hintergrund.

 

Logische Reihenfolgen, Strukturen und Abläufe

Um die verschachtelten Denkweisen im Mediationsverfahren nicht im Chaos ausarten zu lassen, muss eine Struktur erzeugt werden. Die Denkvorgänge werden getrennt, um gegenseitige Behinderungen auszuschließen. Das Mediationsverfahren ist nach § 1 Mediationsgesetz ein strukturiertes Verfahren.

In einem Mediationsverfahren gibt es mehrere Strukturen, die einer gewissen Logik bedürfen, um zum Ergebnis zu kommen. Bausteine werden so angeordnet und nach der Logik miteinander verbunden.

Die verschiedenen Logiken der Mediation sind das Ergebnis eines Zusammenspiels verschiedener Strukturen und Logiken. Damit das Mediationsverfahren zu einem aus sich heraus wirkenden und dennoch steuerbaren Verfahren wird, müssen Zusammenhänge durchschaut und umgesetzt werden.

Am Beispiel der Bausteine müssen diese nach der inneren Logik so zusammengefügt werden, dass sie ein ganzes Bild ergeben. Hierfür bedarf es der Anpassung und Positionierung von Bausteinen wie Informationen, Fakten, Meinungen, Emotionen und Beziehungen. Erst dann ist davon auszugehen, dass dieses Gesamtbild von den Medianden auch erkannt werden kann.

Betrachten Medianden dieses Gesamtbild ganz genau, nimmt dies Einfluss auf die Gedankengänge und unterstützt bei Kognitionsprozess. Nicht selten ist die Lösung dann schon ganz nah. Ist doch ganz logisch, oder?

Bis zum nächsten Mal und bleiben Sie zuversichtlich!

Ihr Frank Hartung

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