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Konsensmethoden in der Mediation

Liebe Leserinnen und Leser!

Das Ziel einer Mediation ist immer die Herbeiführung einer Konsenslösung, also einer Übereinstimmung aller Beteiligten bzw. beider Medianden. Leider ist dies nicht immer möglich. Insbesondere bei Konflikten, die sich mit der Verteilung begrenzter Ressourcen beschäftigen, kann jedoch die „Adjusted Winner Methode“ helfen, die ich heute einmal näher vorstellen möchte.

 

Die Scheidungsformel als mathematische Lösungsmöglichkeit

Die Adjusted Winner Methode wird häufig auch Scheidungsformel genannt, weil sie in zahlreichen Trennungs- und Scheidungssachen bereits zu Erfolgen durch die Vermeidung nachehelicher „Rosenkriege“ geführt hat. Die Methode stammt aus der Mathematik und beschäftigt sich mit einer gerechten Verteilung, um Neid auszuschließen. Der mathematische Algorithmus zur Fairness geht auf die Wissenschaftler Alan D. Taylor und Steven Brams zurück.

Einfach umzusetzen ist das Adjusted Winner Verfahren, wenn sich das zu verteilende Gut oder Vermögen mit Zahlen und Werten beziffern lässt. Lassen sich diese jedoch nicht monetär ausdrücken, sondern handelt es sich eher um ideelle Werte, wird die Formel erst richtig interessant.

 

Beispiel: Trennungsverfahren

Viele Ehen gehen heutzutage in die Brüche. Damit verbunden sind in der Regel Konflikte über die Aufteilung des Hausrates und des gemeinsamen Vermögens. Es wird gezankt, gestritten und für sich selbst beansprucht, was das sprichwörtliche Zeug hält. Durch die Adjusted Winner Methode soll genau diese Verteilung aber auch friedlich und fair erfolgen und für ausgeglichene Gemüter führen können.

Die Wissenschaftler Taylor und Brams empfehlen zu diesem Zweck, ein Blatt Papier, einen Stift und einen Taschenrechner. Alle „strittigen“ Objekte werden auf den Zettel geschrieben. Danach bekommt jede Partei 100 Punkte, die sie getrennt bzw. geheim nach individueller Wertschätzung über den gemeinsamen Gütern verteilen soll. So wird gewährleistet, dass jeder den Dingen, die ihm besonders wichtig sind, auch entsprechend viele Punkte angedeihen lassen kann.

Hier mal ein - zugegeben sehr klischeehaftes - Rechenexempel:

 

Haus

Auto

Schmuck

Motorrad

Wohnwagen

Summe

Ehefrau

45

20

15

10

10

100

Ehemann

35

30

10

10

15

100

Im Anschluss an diese Punktevergabe wird eine erste Verteilung vorgenommen. Ein Objekt oder Gut wird der Partei zugeteilt, die in der Summe dafür die höchste Punktzahl vergeben hat. Die subjektiv verteilten Punkte für die erhaltenen Objekte oder Güter werden addiert.

In unserem Beispiel bekommt also die Ehefrau das Haus und den Schmuck, wofür sie insgesamt 60 Punkte bemessen hat. Der Ehemann bekommt hingegen das Auto und den Wohnwagen. Er hat dafür 45 Punkte veranschlagt, weshalb jetzt eine Differenz von 15 Punkten ausgeglichen werden muss. Im Idealfall wird jetzt versucht, diesen Ausgleich durch die Übergabe eines ganzen Objektes zu ermöglichen. Bei unserem Beispiel würde also eine Lösung, wonach der Ehemann zusätzlich noch das Motorrad für 10 Punkte erhält, eine gute Möglichkeit darstellen. Aber auch dann bleibt noch immer eine Differenz von 5 Punkten, die durch Bildung von Koeffizienten und mathematischen Formeln auch noch aus der Welt geschafft werden kann.

Im Mediationsverfahren würde ich an dieser Stelle anregen, dass der Ehemann vielleicht noch eine Kleinigkeit vom Schmuck oder ein Lieblingsstück aus dem gemeinsamen Hausrat erhält, um diese 5 Punkte gerecht auszugleichen.

Letztendlich empfinde ich die  Adjusted Winner Methode als fair und unkompliziert. In Trennungs- oder Scheidungs-Mediationen gehen beide Medianden danach auch emotional als Gewinner aus den Verhandlungen. Und das Ziel einer Mediation ist genau eine solche Win-Win-Situation, die auch in der Zukunft für ein freundliches Miteinander Sorge trägt

.

NKonsens in der Mediationachteile der Adjusted Winner Methode

Die Adjusted Winner Methode ist geeignet, die Dinge, die Menschen für sich selbst als „wichtig“ und „wertvoll“ erachten, vernünftig und gerecht untereinander aufzuteilen. Dabei darf jedoch nicht vergessen werden, dass sie am Mediationsende mit völlig unterschiedlichen „Werten“ dastehen. Während vielleicht die Ehefrau unbedingt den Hund behalten möchte und so sehr an den alten Bücherschätzen auf dem Dachboden hängt, freut sich der Ehemann über die materiell viel wertvolleren Münzen vom Großvater oder dem Oldtimer in der Garage. Sind beide damit einverstanden, ist dies für mich als Mediator auch in Ordnung.

Ich bin der Meinung, dass Medianden selbst in der Lage sein müssen, sich über die materiellen und ideellen Werte im Klaren zu sein. Dennoch würde ich in der Mediation auf die Unterschiede hinweisen.

Tipp:
Das Adjusted Winner Verfahren ist übrigens auch geeignet, die Arbeiten im Haushalt gerecht zu verteilen und dient damit sogar der Trennungs-Prävention ;-)

Bis zum nächsten Mal!

Ihr Frank Hartung

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