Mediationsarten

Stellvertretermediation: Innovative Konfliktlösung für unlösbare Konflikte

Die Stellvertretermediation revolutioniert die deutsche Mediationslandschaft durch einen bahnbrechenden Ansatz, der traditionelle Barrieren der Konfliktlösung durchbricht. Diese innovative Methode ermöglicht konstruktive Konfliktbearbeitung, selbst wenn eine Konfliktpartei nicht zur Mediation bereit ist oder nicht teilnehmen kann. Entwickelt von Katharina Sander und Christoph Hatlapa, erhielt die Stellvertretermediation 2006 den renommierten Förderpreis für Innovative Ideen in der Mediation vom Bundesverband Mediation e.V.

 

Historische Entwicklung und methodische Grundlagen

  1. Die Stellvertretermediation entstand aus der Herausforderung in der Mediationsausbildung, dass Konfliktpartner oft die Teilnahme verweigern. Sander und Hatlapa entwickelten daraufhin Rollenspiele, in denen Ausbildungsteilnehmer die abwesende Partei repräsentieren. Diese Methode zeigte überraschende positive Effekte auf die realen Konfliktsituationen. 
  2. Die Stellvertretermediation folgt einem strukturierten Ablauf mit klar definierten Phasen. Der Prozess beginnt mit einem ausführlichen Vorgespräch, gefolgt von der eigentlichen Mediation mit zwei Mediatoren unterschiedlicher Rollen. Einer fungiert als Stellvertreter für die abwesende Partei, während der andere die Gespräche mit der anwesenden Partei leitet.

 

Zielgruppen und Anwendungsbereiche der Stellvertretermediation

Die Stellvertretermediation ist eine effektive Methode für Konflikte, wenn eine direkte Mediation nicht möglich ist, wie bei

  1. Machtungleichgewichten in Hierarchiekonflikten,
  2. Mobbing am Arbeitsplatz,
  3. Trauerfällen, wo eine Konfliktpartei verstorben ist,
  4. bei Familienkonflikten wie Scheidungen, wo die Emotionen zu stark sind.

 

Rollen und Verantwortlichkeiten der Mediatoren

Die Stellvertretermediation benötigt zwei qualifizierte Mediatoren.Der Hauptmediator übernimmt die traditionelle Rolle und die Gesamtverantwortung, während der Stellvertreter auch die abwesende Partei repräsentiert. Dies beinhaltet eine konstruktive Darstellung ohne die Schaffung von Feindbildern.

 

Techniken und methodische Ansätze

Die Stellvertretermediation kombiniert etablierte Mediationstechniken mit neuen Ansätzen und setzt auf wertschätzende, systemische Kommunikation. Zentrale Techniken umfassen aktives Zuhören, empathische Spiegelung, Perspektivwechsel und Reflexions- und Integrationstechniken. Diese Methoden fördern Verständnis, neue Sichtweisen und praktische Lösungen in Konfliktsituationen.

 

Vorteile und Nutzen der Stellvertretermediation

Die Stellvertretermediation bietet bedeutende Vorteile für Konfliktparteien und das Mediationssystem.

  1. Einer der wichtigsten Vorteile liegt in der Erweiterung des Mediationsradius auf Konflikte, die mit herkömmlichen Methoden nicht bearbeitbar wären.
  2. In der Regel ist nur ein Termin erforderlich, um bedeutende Fortschritte im Konflikt zu erzielen, was das Verfahren kostengünstig und praktikabel macht.
  3. Die anwesende Konfliktpartei erhält die Möglichkeit, ihre eigene Position zu reflektieren und ihre Bedürfnisse und Gefühle besser zu verstehen.
  4. Aufgrund der Veränderungen im Verhalten der teilnehmenden Partei ergeben sich oft positive Auswirkungen auf die gesamte Konfliktdynamik.
  5. Rechtsanwälte berichten, dass sich die Stellvertretermediation durchweg positiv auf Gerichtsverfahren auswirkt und zu konstruktiveren Verhandlungen führt.

 

Was hat die abwesende bzw. „vertretene“ Partei von einer Stellvertretermediation?

Durch die Stellvertretermediation wird, wie etwa auch bei der Familienaufstellung, die Sichtweise auf den Konflikt verändert, was auch für die abwesende Partei gilt. Mehr Klarheit im Konflikt birgt für alle Parteien gleichzeitig auch ein höheres Maß an Entspannung und Sicherheit. Dadurch entwickeln die Parteien mehr Verständnis für ihre eigene und die jeweils andere Rolle im Konflikt. Die Stellvertretermediation wirkt sich positiv auf die Kommunikation zwischen den Parteien aus. Oft führt sie dazu, dass sich die vormals ablehnende Partei mit der Durchführung einer gemeinsamen Mediation dann einverstanden erklärt.

 

Herausforderungen und Grenzen

Trotz ihrer Vorteile ist die Stellvertretermediation mit erheblichen Herausforderungen verbunden.

  1. Eine der größten Herausforderungen liegt in der Komplexität der Stellvertreterrolle, die hohe Anforderungen an die Qualifikation der Mediatoren stellt.
  2. Der Stellvertreter muss authentische Darstellungen entwickeln können, ohne in Klischees oder Projektionen zu verfallen.
  3. Da die eigentlichen Konfliktparteien nicht direkt kommunizieren, besteht das Risiko verfälschter oder verlorener Informationen.
  4. Da zwei qualifizierte Mediatoren erforderlich sind, sind die Kosten höher als bei traditionellen Einzelmediationen.
  5. Die Repräsentation einer abwesenden Person ohne deren ausdrückliche Zustimmung wirft Legitimätsfragen auf.

 

Rechtliche Rahmenbedingungen

Die Stellvertretermediation ist im deutschen Mediationsgesetz von 2012 geregelt, welches Mediation als vertrauliches und strukturiertes Verfahren anerkennt. Vertraulichkeit und Schweigepflicht gelten auch für die Stellvertretermediation und ihre Mediatoren. Zertifizierte Mediatoren benötigen für die Stellvertretung spezielle Kenntnisse über die gesetzlich vorgeschriebenen 130 Präsenzstunden hinaus.

 

Vergleich: Stellvertretermediation vs. klassische Mediation

  1. In der Stellvertretermediation tritt ein Vertreter für eine abwesende Partei auf, wodurch die Teilnahme erleichtert wird, ohne dass alle persönlich anwesend sein müssen. Im Gegensatz dazu müssen bei der klassischen Mediation alle Beteiligten persönlich anwesend sein.
  2. Die Kommunikation erfolgt bei der Stellvertretermediation über einen Stellvertreter und bei der klassischen Mediation direkt zwischen den Parteien.
  3. Die Vertraulichkeit wird durch die Mediatorenstruktur in der Stellvertretermediation gewahrt, während die direkte Kommunikation in der klassischen Mediation mehr Transparenz erfordern kann.
  4. Die Effizienz ist bei der Stellvertretermediation oft höher, da der Prozess auf den Stellvertreter fokussiert ist und daher kürzer sein kann. Die klassische Mediation kann dagegen länger dauern, da sie direkte Interaktionen zwischen den Parteien erfordert.

 

Der Ablauf einer Stellvertretermediation

Die Stellvertretermediation ist ein strukturierter Prozess in mehreren Phasen zur effizienten Konfliktlösung.

  1. Zunächst wird in einem Vorgespräch der Rahmen und die Ziele festgelegt.
  2. Danach beauftragt man zwei Mediatoren, wobei einer die abwesende Partei vertritt und der andere mit der anwesenden Partei arbeitet.
  3. Die Mediationsgespräche zielen auf eine konstruktive Lösung ab und ermöglichen Einblicke in die Perspektive der abwesenden Partei, um das gegenseitige Verständnis zu fördern.
  4. Empathische Interventionen und Zusammenfassungen helfen, Missverständnisse zu klären.
  5. Am Ende werden gemeinsame Perspektiven entwickelt und eine für beide Seiten akzeptable Lösung angestrebt.
  6. In der Regel genügt ein Termin, was die Stellvertretermediation zu einem zeiteffizienten Verfahren macht.

 

Häufige Fragen kurz erklärt

 Was ist eine Stellvertretermediation?
Eine Stellvertretermediation ist eine Form der Mediation, bei der die Konfliktparteien von einem oder mehreren Vertretern vertreten werden, anstatt persönlich an der Mediation teilzunehmen.

Wann wird eine Stellvertretermediation empfohlen?
Eine Stellvertretermediation wird empfohlen, wenn die Konfliktparteien nicht in der Lage sind, persönlich an der Mediation teilzunehmen, z.B. aufgrund von räumlicher Distanz oder unüberbrückbaren Konflikten.

Wer kann als Stellvertreter in einer Mediation fungieren?
In Mediationen können Anwälte oder nahestehende Personen als Vertreter agieren, vorausgesetzt, beide Streitparteien erkennen diese an.

Wie läuft eine Stellvertretermediation ab?
Die Stellvertreter treffen sich mit dem Mediator, um die Interessen und Bedürfnisse der Konfliktparteien zu besprechen. Der Mediator kommuniziert dann die Vorschläge und Lösungen der Stellvertreter an die Konfliktparteien.

Gibt es bestimmte Voraussetzungen für eine Stellvertretermediation?
Die Konfliktparteien müssen bereit sein, Stellvertreter zu akzeptieren und durch sie zu kommunizieren. Diese Vertreter sollten zudem umfassend über den Konflikt und die beteiligten Parteien informiert sein.

Wie lange dauert eine Stellvertretermediation?
Die Dauer einer Stellvertretermediation hängt von der Komplexität des Konflikts und der Zusammenarbeit der Stellvertreter ab. In der Regel dauert sie jedoch länger als eine direkte Mediation zwischen den Konfliktparteien.

Welche Vorteile bietet eine Stellvertretermediation?
Eine Stellvertretermediation erleichtert den Dialog zwischen Konfliktparteien, die nicht direkt kommunizieren können, mindert Emotionen und fördert eine objektive Konfliktbetrachtung.

Gibt es auch Nachteile bei einer Stellvertretermediation?
Eine Stellvertretermediation kann zu Missverständnissen führen, da die eigentlichen Konfliktparteien nicht direkt kommunizieren. Dies erschwert es, eine Einigung zu finden, da wichtige Informationen fehlen können.

Welche Kosten entstehen bei einer Stellvertretermediation?
Die Kosten für eine Stellvertretermediation können je nach Dauer und Komplexität des Konflikts variieren. In der Regel sind sie jedoch höher als bei einer direkten Mediation zwischen den Konfliktparteien.

 

Fazit

StellvertretermediationDie Stellvertretermediation ist eine wichtige Innovation in der deutschen Mediationsbranche und ermöglicht Konfliktlösungen auch ohne Anwesenheit aller Beteiligten. Sie bietet Vorteile wie größere Reichweite, Effizienz und positive Auswirkungen über die Mediation hinaus, steht jedoch auch vor Herausforderungen wie hohen Anforderungen an die Qualifikation der Mediatoren, Risiken von Missverständnissen und ethischen Fragen. Rechtlich ist sie mit den Gesetzen vereinbar, auch wenn es Unsicherheiten gibt, und wirtschaftlich zeigt sie ein günstiges Kosten-Nutzen-Verhältnis.
Die Stellvertretermediation hat das Potenzial, sich weiter zu etablieren und zur friedlichen Beilegung von Konflikten beizutragen, insbesondere angesichts der fortschreitenden Digitalisierung und der steigenden Nachfrage nach alternativen Konfliktlösungsmethoden.

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