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Erfolgreiche Mediation bei Elternentfremdung

Die Rolle als Elternteil zählt zu den beglückendsten, gleichzeitig jedoch zu den anspruchsvollsten Verantwortungen, die man übernehmen kann. Sie verlangt Ausdauer, Zuneigung, Klugheit und insbesondere Standhaftigkeit.

Aber wie verhält es sich, wenn infolge einer Trennung oder Scheidung die zuvor bestehende familiäre Harmonie gestört wird und eine Entzweiung zwischen Elternteil und Kind entsteht?

Diese Entfremdung ist ein vielschichtiges und häufig schmerzhaftes Phänomen innerhalb von Familienstrukturen. Es kennzeichnet den Zustand, in dem ein Kind die Verbindung zu einem oder beiden Elternteilen reduziert oder sogar ganz abbricht und emotional auf Distanz geht.

Diverse Gründe können hierfür ausschlaggebend sein:

  1. Zwistigkeiten unter den Eltern
    Konflikte unter den Eltern gehören zu den verbreitetsten Gründen für die Entfremdung eines Kindes. Die Trennung oder der Scheidungsprozess können erhebliche Spannungen und Streitereien nach sich ziehen, die das Verhältnis zum Nachwuchs belasten und dazu führen, dass dieser Partei ergreift und sich von einem Elternteil abwendet.

  2. Beeinflussung durch einen Elternteil
    Gelegentlich kann es vorkommen, dass ein Elternteil gezielt versucht, das Kind gegen den anderen Elternteil aufzubringen. Dies dient oft dem Zweck, den eigenen Einfluss auf das Kind zu verstärken oder aus Rache am anderen Elternteil zu handeln.

  3. Vernachlässigung oder Misshandlung
    Ein Kind kann sich auch deshalb von einem Elternteil distanzieren, um sich selbst zu schützen oder um schmerzhafte Erfahrungen zu verarbeiten. In einigen Fällen sucht das Kind dann die Nähe des anderen Elternteils, um Unterstützung und Schutz zu finden.

  4. Externe Einflüsse
    Auch außerfamiliäre Einflüsse wie Großeltern, neue Lebenspartner oder Freunde können das Kind in seiner Meinung über die Eltern beeinflussen. Medien und gesellschaftliche Vorstellungen spielen ebenfalls eine Rolle.

  5. Persönliche Empfindungen des Kindes
    In manchen Fällen beschränkt oder verweigert ein Kind aus eigenen Empfindungen heraus den Kontakt zu einem Elternteil. Dies kann passieren, wenn sich das Kind unverstanden oder nicht akzeptiert fühlt.

 

Indikatoren für die Entfremdung von Elternteilen

Verschiedene Hinweise deuten darauf hin, dass sich eine Entfremdung zwischen einem Elternteil und seinem Kind entwickelt.

  • Eine übliche Beobachtung ist, dass das Kind unvermittelt und ohne erkennbaren Anlass die Kommunikation mit dem distanzierten Elternteil einstellt. Dieses Phänomen kann selbst bei Kindern auftreten, die zuvor eine innige Bindung zu besagtem Elternteil pflegten.
  • Ein zusätzliches Indiz ist, wenn das Kind herabsetzende Bemerkungen über den distanzierten Elternteil äußert, die nicht auf persönlichen Erfahrungen beruhen, sondern vom anderen Elternteil übernommen wurden.
  • Es kann vorkommen, dass das Kind Ausweichverhalten zeigt und es ablehnt, Zeit mit dem distanzierten Elternteil zu verbringen.

Verhalten von entfremdeten Kindern

Kinder, die unter der Entfremdung von einem Elternteil leiden, weisen häufig spezifische Verhaltensmuster auf, die ihre belastete Situation widerspiegeln. So zeigen sie sich möglicherweise ängstlich oder zeigen aggressives Verhalten, insbesondere gegenüber dem entfremdeten Elternteil. Nicht selten versuchen sie, über den entfremdeten Elternteil Kontrolle auszuüben oder ihn zu manipulieren, um ihre Treue zum anderen Elternteil unter Beweis zu stellen. Das Kind mag auch Anstrengungen unternehmen, den entfremdeten Elternteil auf ein Podest zu heben und ihn fehlerfrei darzustellen, um einer Zurückweisung durch den anderen Elternteil zu entgehen.

Verhalten des entfremdenden Elternteils

Der Elternteil, der zur Entfremdung beiträgt, zeigt typischerweise Verhaltensweisen, die den Bruch zwischen dem Kind und dem anderen Elternteil fördern. Dazu zählt, dass er das Kind gegen den anderen Elternteil aufbringt und ihm negative Informationen zuträgt. Weiterhin mag er Versuche unternehmen, den Austausch zwischen dem Kind und dem anderen Elternteil zu unterbinden, indem er etwa Verabredungen platzen lässt oder dem Kind Schuldgefühle einflößt, sollte es Zeit mit dem anderen Elterteil verbringen wollen. Oft zeigt der entfremdende Elternteil auch eine mangelnde Bereitschaft zur Kooperation, was den Zugang zum anderen Elternteil weiter erschwert.

Konsequenzen der Elternentfremdung

Die Distanzierung von den Eltern kann bei Kindern zu emotionalen Belastungen und problematischen Verhaltensweisen führen, sowie das Vertrauensverhältnis und die Beziehung zu den Eltern langfristig schädigen. Dies kann negative Auswirkungen auf die mentale Gesundheit, die Fähigkeit enge Bindungen zu knüpfen und das Selbstwertgefühl haben. Auch die Eltern leiden unter den Folgen von Entfremdung, was zu emotionalen Belastungen und einer Verschlechterung des Selbstbildes führen kann.
 
  1. Beeinträchtigungen für das Kind
    Die Distanzierung von den Eltern kann für Kinder eine zutiefst verstörende Erfahrung darstellen. Sie finden sich häufig zerrissen zwischen den Erziehungsberechtigten wieder und sind von der Lage überlastet. Emotionale Belastungen wie Furcht, Schuldgefühle, Zorn oder Kummer können das Kind stark beeinträchtigen. Zudem ist eine Zunahme problematischer Verhaltensweisen, wie Aggressivität, sozialer Rückzug oder psychosomatische Symptome, möglich.
    Ein zentraler Punkt ist ebenso die Beziehung des Kindes zu seinen Eltern. Diese Verbindung kann durch die Entfremdung beeinträchtigt oder gar völlig aufgelöst werden. Ein Verlust des Vertrauens gegenüber den Eltern und eine Entfremdung von ihnen sind mögliche Folgen. Dies kann zu einer dauerhaft negativen Sichtweise auf den distanzierten Elternteil führen, was wiederum langanhaltende Effekte auf die Entwicklung des Kindes haben kann.

  2. Langfristige Auswirkungen
    Die Konsequenzen einer elterlichen Entfremdung können auch dauerhaft spürbar bleiben. Häufig resultiert daraus eine gestörte Beziehung zu den Eltern, die bis ins Erwachsenenalter anhält. Probleme, enge emotionale Bindungen zu knüpfen und Vertrauen zu entwickeln, sind nicht ungewöhnlich. Die Fähigkeit zur Elternschaft kann beeinträchtigt sein, sollte das Kind keine positiven Beziehungsmodelle erfahren haben.
    Darüber hinaus kann eine elterliche Entfremdung negative Effekte auf die mentale Gesundheit des Kindes haben, einschließlich Depressionen, Angststörungen oder anderen psychischen Problemen. Auch das Selbstwertgefühl kann unter der wahrgenommenen Ablehnung oder mangelnden Liebe eines Elternteils leiden.

  3. Konsequenzen für die Eltern
    Die entfremdenden Elternteile tragen ebenfalls schwerwiegende Folgen. Der distanzierte Elternteil leidet oft unter dem Kontaktabbruch und kann emotionale Belastungen wie Trauer, Ärger oder Schuldgefühle erfahren. Die Beziehung zum anderen Elternteil kann ebenfalls leiden und weitere Konflikte begünstigen.
    Für den beeinflussenden Elternteil kann die Manipulation des Kindes und die Trennung vom Ex-Partner eine Verschlechterung des Selbstbildes mit sich bringen. Die Beziehung zum Kind kann ebenso darunter leiden, besonders wenn das Kind die Umstände der Entfremdung realisiert und sich vom manipulierenden Elternteil distanziert.

 

Wie trägt Mediation zur Lösung bei?

Bei bereits bestehender Entfremdung ist professionelle Unterstützung zur Wiederherstellung der Beziehung notwendig. Mediation bietet hier einen Lösungsansatz, indem sie nicht nach Schuldigen sucht, sondern nach für alle akzeptablen Lösungen strebt.

  1. Verbesserte Dialogführung
    Ein zentraler Auslöser für Distanz zwischen Eltern und ihrem Nachwuchs liegt häufig in mangelnder Verständigung begründet. Die Auflösung der ehelichen Gemeinschaft durch Trennung oder Scheidung kann zu Streitigkeiten führen, die eine effektive Kommunikation blockieren. In Mediationsverfahren wird Eltern beigebracht, wie sie ihre Fähigkeit zur verbalen Interaktion steigern und konstruktive Gespräche führen können. Dies hilft, ein tieferes Verständnis dafür zu entwickeln, wie eigene Taten und Aussagen das Kind beeinträchtigen und auf welche Weise die elterliche Beziehung zum Kind gestärkt werden kann.

  2. Aufdeckung und Lösung von Differenzen
    Während der Mediation werden Eltern ermutigt, ihre Differenzen offen und aufrichtig zu thematisieren. Häufig sind es gerade ungelöste Streitigkeiten, die zu einer Entfremdung des Kindes beitragen. Mit Hilfe eines unparteiischen Mediators lassen sich diese Probleme erkennen und gemeinschaftlich bearbeiten. Dies unterstützt den Aufbau einer harmonischeren Beziehung unter den Eltern, was wiederum die Bindung zum Kind positiv beeinflusst.

  3. Integration des Kindes
    Ein essenzieller Aspekt in der Mediation bei Elternkonflikten ist die Berücksichtigung des Kindes. Es ist von Bedeutung, dass das Kind seine Ansichten und Emotionen zur Situation äußern darf und sich ernstgenommen sowie verstanden fühlt. Der Mediator assistiert dem Kind dabei, seine Bedürfnisse und Anliegen zu artikulieren und diese mit den Eltern zu erörtern. Dies fördert das Gefühl der Zugehörigkeit zu beiden Elternteilen und stärkt die familiären Bande.

  4. Erarbeitung von Lösungsansätzen
    Im Mediationsprozess werden Eltern angehalten, gemeinsam annehmbare Lösungen zu erarbeiten, die allen Beteiligten gerecht werden. Dies erleichtert es, eine gemeinsame Grundlage zu finden und das Verhältnis zum eigenen Kind zu vertiefen. Die Ausarbeitung spezifischer Abmachungen, wie beispielsweise Regelungen zu Besuchszeiten, ermöglicht es, die Bedürfnisse des Kindes angemessen zu berücksichtigen und die Gefahr einer Entfremdung zu minimieren.

  5. Beständigkeit der gefundenen Lösungen
    Ein weiterer Pluspunkt der Mediation bei der Bewältigung von Elternentfremdung liegt in der Langfristigkeit der erzielten Übereinkünfte. Da die Lösungen in gemeinsamer Arbeit gefunden und von den Eltern selbst entwickelt werden, besteht eine höhere Bereitschaft, diese auch umzusetzen. Dies mindert das Risiko wiederkehrender Unstimmigkeiten und einer neuerlichen Entfremdung.

 

Fazit

Nach einer Trennung oder Scheidung kann Entfremdung zwischen Elternteil und Kind auftreten, die auf Konflikte, Manipulation, Vernachlässigung und externe Einflüsse zurückzuführen ist.

Kinder können dann den Kontakt abbrechen, negativ über einen Elternteil sprechen und sich distanzieren. Sie leiden oft unter Angst und Aggressivität, während der entfremdende Elternteil den Kontakt zum anderen Elternteil zu verhindern sucht. Dies führt zu emotionalen Belastungen und Verhaltensproblemen beim Kind, was langfristige Beziehungsschwierigkeiten und mentale Gesundheitsprobleme nach sich ziehen kann.

Auch die Eltern leiden unter emotionalen Problemen und Selbstzweifeln.

Mediation kann helfen, die Beziehungen zu verbessern, indem sie die Kommunikation fördert, Konflikte löst, das Kind einbezieht und gemeinsame Lösungen findet. Dadurch wird die familiäre Bindung gestärkt und das Risiko zukünftiger Konflikte verringert. Die gemeinsam gefundenen Lösungen sind oft nachhaltiger.

 

 

Exkurs: Das Parental Alienation Syndrome

Das Syndrom, das die Entfremdung zwischen einem Kind und einem seiner Elternteile ohne nachvollziehbare Gründe beschreibt, ist unter dem Namen Parental Alienation Syndrome (PAS) bekannt. In den 1980er Jahren wurde der Begriff von Richard Gardner, einem Psychiater aus den USA, geprägt. Er identifizierte es als eine Art emotionalen Missbrauch, bei dem das Kind aufgehetzt wird, einen Elternteil abzulehnen. Gardner sah die Ursachen für solche Manipulationen oft in den unbewussten Motiven des aufhetzenden Elternteils, seien es psychische Probleme oder Rachegefühle.
Seit seiner Einführung steht das Syndrom in der Mitte einer kontroversen Debatte unter Fachleuten. Einige bestreiten seine Existenz und sehen es als Ausrede für schädigendes elterliches Verhalten. Die Kritik umfasst auch, dass der Begriff zu ungenau sei und missbraucht werden könnte, um in Sorgerechtsstreitigkeiten Vorteile zu erlangen. Weiterhin wird bemängelt, dass das Syndrom die tatsächliche Komplexität von Trennungssituationen vereinfacht und dabei das Wohl und die Gefühle des Kindes ignoriert.
Auch im Gerichtssaal ist das Syndrom ein strittiges Thema. Manche Richter erkennen es an und treffen Schutzmaßnahmen für das Kind, während andere die Verwendung des Begriffs wegen mangelnder wissenschaftlicher Grundlage ablehnen. Die fehlende Einigkeit über eine klare Definition führt zu Problemen bei der Handhabung von Fällen, in denen ein Kind von einem Elternteil beeinflusst wird.

 

 

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