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Mediation statt Strafverfahren?

Liebe Leserinnen und Leser!

Heute möchte ich mich einem etwas sensibleren Thema widmen – der Mediation im Strafrecht. Genauer heißt es dann gar nicht Mediationsverfahren, sondern Täter-Opfer-Ausgleich und es gibt auch gleich zwei vorformulierte Ziele, nämlich Konfliktlösung und Wiedergutmachung.

Der kurz TOA genannte Täter-Opfer-Ausgleich bietet Tätern und Opfern die Gelegenheit, außergerichtlich unter Beteiligung eines Mediators oder Vermittlers als unparteiischen Dritten, eine für alle Seiten befriedigende Konfliktregelung herbeizuführen.

 

Täter und Opfer an einem Tisch – um Gerechtigkeit zu schaffen

Täter-Opfer-AusgleichBei Straftaten ist es meistens so, dass Opfer und Täter vor der eigentlichen Straftat miteinander zu tun gehabt haben. Die eigentliche Tat bildet eher den vorläufigen „Höhepunkt“ des Konflikts. Kannten sich Opfer und Täter vorher nicht, ist spätestens durch die Tat ein Konflikt zwischen ihnen entfacht.

Der dem Mediationsverfahren ähnelnde TOA ist mit einer persönlichen Begegnung verbunden, die Aussprachen, Informationen, Entschuldigungen und Wiedergutmachungen ermöglicht. Das Ausgleichsgespräch wirft häufig ein neues Licht auf die Rollen und kann bei der Verarbeitung und Bewältigung von entstandenen Problemen beitragen.

Der Täter-Opfer-Ausgleich kann in Konflikten beraten, Konflikte schlichten und eine Wiedergutmachung vereinbaren, die auch im Strafprozess berücksichtigt wird. TOA wird in der Strafrechtspflege als andere Form betrachtet, mit Kriminalität umzugehen, da nicht an Täter oder Straftat, sondern an der Autonomie angesetzt wird.

 

Wann ist ein Täter-Opfer-Ausgleich überhaupt möglich?

Grundsätzlich kommt ein TOA bei nahezu jeder Straftat in Betracht. Besonders etabliert hat sich das Verfahren bei Straftaten wie

  • Hausfriedensbruch

  • Beleidigung

  • Nötigung

  • Körperverletzung

  • Diebstahl

  • Betrug

  • Unterschlagung

  • Sachbeschädigung

  • unbefugter Gebrauch eines Fahrzeugs

In der Regel sind Straftaten für einen TOA geeignet, die keine Schwerstkriminalität beinhalten, aber auch nicht unter die Bagatellen fallen. Strafgerichte und Staatsanwaltschaften können in jedem Stadium eines Strafverfahrens überprüfen, ob ein Täter-Opfer-Ausgleich möglich ist. Sowohl Täter als auch Opfer können einen TOA anregen, wobei das jeweilige Einverständnis des Opfers immer an erster Stelle steht und vorgeht. Gegen den Willen des Opfers darf kein TOA in die Wege geleitet werden.

 

Voraussetzungen für den Täter-Opfer-Ausgleich

Sowohl Täter als insbesondere auch Opfer müssen der Durchführung eines TOA zustimmen. Beide Seiten müssen vorher darauf aufmerksam gemacht werden, dass der kommunikative Prozess zwischen Opfer und Täter als Kern des TOA betrachtet wird. Sie müssen also miteinander reden.

Voraussetzung ist weiter, dass Täter den Sachverhalt im gemeinsamen Gespräch zugeben. Täter neigen in Gesprächen dazu, die Tat zu beschönigen oder zu bagatellisieren. Sie müssen im Verlauf des Gesprächs jedoch die Verantwortung für die Tat übernehmen. Ein Täter-Opfer-Ausgleich würde also von Vornherein scheitern, wenn Täter beispielsweise die Position des Opfers in Abrede stellen. Für das jeweilige Opfer muss der TOA sinnvoll sein. Sinnvoll und deshalb auch erforderlich ist beim TOA, dass Täter das Bemühen zeigen, die Tat ganz oder zum Großteil wieder gut zu machen. Das Wiedergutmachungsbestreben gilt als grundsätzliche Voraussetzung für einen Täter-Opfer-Ausgleich.

Zu den anerkannten Maßnahmen der Wiedergutmachung gehören

  • Entschuldigung und Übernahme von Verantwortung

  • Angebot und Zahlung eines Schmerzensgeldes

  • Angebot und Leistung von Schadensersatz

  • Ablegen eines umfassenden Geständnisses

  • Vereinbarung über eines soziale Tätigkeit

 

Ablauf eines Täter-Opfer-Ausgleichs

Vor Beginn der Gespräche führt der Mediator bzw. neutrale Vermittler getrennte Einzelgespräche, um sicherzustellen, dass sowohl Täter als auch Opfer mit der Durchführung eines TOA wirklich einverstanden sind und welche Erwartungen oder Befürchtungen im Hinblick auf die Konfrontation der Parteien bestehen.

Nach Feststellung der Gesprächsbereitschaft erfolgen die gemeinsamen Gespräche. Vorab werden beide Parteien über die Gesprächsregeln informiert. Beide Parteien haben sich zu respektieren und müssen sich gegenseitig ausreden lassen. Diese Phase bietet Gelegenheit, offene Fragen zu diskutieren. Im weiteren Verlauf wird geklärt, wie ein erfolgreicher Täter-Opfer-Ausgleich stattfinden kann – also wie die Wiedergutmachung aussehen könnte. Am Schluss des Täter-Opfer-Ausgleichs wird eine verbindliche Vereinbarung zwischen Täter und Opfer geschlossen sowie schriftlich fixiert. Der Mediator oder Vermittler übermittelt diese Vereinbarung der zuständigen Staatsanwaltschaft.

Ein erfolgreich durchgeführter Täter-Opfer-Ausgleich kann unter Umständen dazu führen, das beim Täter von einer Strafe abgesehen wird, eine Strafmilderung erfolgt oder sogar ein Strafverfahren eingestellt wird.

 

Vorteile und Nachteile beim Täter-Opfer-Ausgleich

Dadurch, dass Opfer und Täter im TOA aufeinander treffen, ist ein gegenseitiges „Kennenlernen“ möglich. Täter erhalten die Möglichkeit, ihre Beweggründe sowie ihre gegenwärtige Einstellung zum Ausdruck zu bringen, was das Gesamtgeschehen detaillierter aufzeigt und Opfern bei der Bewältigung von Ängsten helfen kann. Auf der anderen Seite können die Ängste von Opfern dann zunehmen, wenn die Gespräche eskalieren und der TOA scheitert.

Ganz profan kann sich auch ein Vorteil durch die von Tätern übermittelten Wiedergutmachungsvorschläge ergeben. Handelt es sich hier bei um Schmerzensgeld oder Schadensersatz, so können sich Opfer mitunter langwierige Gerichtsprozesse als Nebenkläger ersparen.

Täter profitieren von einem TOA durch die in den Gesprächen gewonnene Einsicht und Reue, was sie für die Zukunft motivieren sollte, nicht mehr straffällig zu werden. Nicht zuletzt kann sich der TOA auch strafmildernd auswirken, wobei manchmal in der Folge auch Verfahren ganz eingestellt werden.

 

Ist das jetzt eine Mediation oder nicht?

Ein Täter-Opfer-Ausgleich ähnelt dem Mediationsverfahren insofern, dass eine außergerichtliche Einigung zwischen zwei streitenden Parteien erfolgen soll. Beim Täter-Opfer-Ausgleich kann jedoch nur eine Aussöhnung zu einer Strafmilderung oder zum Absehen einer Strafe führen.

Das Ergebnis des Mediationsverfahrens bleibt immer offen. Und auch die Zielsetzung ist bei der Mediation etwas anders: Mediationsverfahren laufen problemorientiert ab, während es beim TOA um einen Ausgleich geht. Bei einer Straftat kann das Problem – also die Tat – nicht mehr rückwirkend gelöst werden.

Gesetzliche Bestimmungen, wie ein TOA konkret durchgeführt werden muss, gibt es nicht. Umsetzung und Durchführung obliegen den Regeln der einzelnen Bundesländer, die auch über eigene Einrichtungen und Schlichtungsstellen für den TOA verfügen. Dies bedeutet zugleich auch, dass nicht jeder Mediator einen TOA durchführen kann und darf. Hierfür benötigen Mediatoren eine modulare Ausbildung zum Mediator in Strafsachen.

Dennoch bin ich der Meinung, dass sich das Grundprinzip der Mediation mit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung und der dann darauf folgenden Win-Win-Situation auch im Strafrecht grundsätzlich positiv auswirken kann – nämlich zukunftsorientiert.

 

Bis zum nächsten Mal und bleiben Sie gesund!

Ihr Frank Hartung

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