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Familienmediation – besser mit oder ohne Kindern?

Liebe Leserinnen und Leser!

In einer Familienmediation geht es häufig um Konflikte aufgrund von familiären Veränderungsprozessen. Hierzu gehören oft Trennungen oder Scheidungen und die damit zusammenhängenden „Folgesachen“. Es stehen Themen wie Unterhalt, Aufteilung des Vermögens und Hausrats oder die Umgangsregelung für die gemeinsamen Kinder auf der Tagesordnung. Wie ich im Beitrag Familienmediation in Pandemie-Zeiten schon aufgeführt hatte, ist es während der Corona-Pandemie besonders häufig zu innerfamiliären Konflikten und dem damit verbundenen gesteigerten Mediations-Bedarf gekommen.

Generell bewerte ich es positiv, wenn sich ein Paar für ein Mediationsverfahren entscheidet, um Konflikte gütlich aus der Welt zu schaffen. Dies insbesondere dann, wenn Kinder betroffen sind, die unter einer Trennung besonders leiden. Daher liegt es in einigen Fällen nahe, Kinder in die Familienmediation mit einzubeziehen.

Grundsätzlich sollten Mediatoren zunächst klären, ob Kinder in die Familienmediation mit einbezogen werden können bzw., unter welchen Bedingungen dies möglich sowie sinnvoll wäre. Da Kinderseelen besonders sensibel sind, muss dies besonders gründlich durchdacht werden. Bei diesen Überlegungen spielen natürlich auch Faktoren wie Alter und Reife der Kinder eine entscheidende Rolle.

 

Mediation – zu viel für Kinder?

Mediation mit KindernKinder werden durch eine Trennung ihrer Eltern besonders belastet. Sie fühlen sich überrollt und hilflos. In dieser verunsichernden Phase benötigen Kinder viel Unterstützung, was den Eltern in dieser Situation schwer fällt. Sie selbst sind gedanklich und mental mit der Trennung beschäftigt. Es herrscht ein emotionales Chaos, in dem die Wahrnehmung und Berücksichtigung der Bedürfnisse von Kindern manchmal leider untergeht.

Wichtig ist also, Kinder in dieser besonderen Situation – wenn überhaupt – mit einem Höchstmaß an Feingefühl in das Mediationsverfahren mit einzubeziehen. Denn auch dann, wenn die Eltern nicht direkt mit den Kindern über die Trennung und die damit verbundenen Konflikte sprechen, erleben Kinder diese Auseinandersetzungen nicht nur am Rande mit. Die Einbeziehung von Kindern in die Mediation erfordert daher ein hohes Maß an Sensibilität. Es darf nicht geschehen, dass die Kinder in die Konflikte der Eltern hineingezogen werden, eine Instrumentalisierung durch die Eltern erfolgt und die Kinder in einen Loyalitätskonflikt geraten.

Im Idealfall werden die Kinder nach ihren Bedürfnissen in dieser Situation gefragt, aber nicht durch Entscheidungen belastet. Dadurch können Loyalitätskonflikte vermieden werden.

 

Direkte oder indirekte Beteiligung am Mediationsverfahren

Mediatoren nutzen unterschiedliche Methoden, um Kinder direkt oder indirekt mit in das Mediationsverfahren einzubeziehen. Eine Möglichkeit ist, die Eltern für ihre Kinder sprechen zu lassen. Haben beide Elternteile die Kinder gut im Blick, kann dies den einfachsten Weg darstellen.

Eine weitere Möglichkeit, Kinder an der Mediation zu beteiligen, ist das Kinderinterview. Bei einem Kinderinterview wird ein weiterer Mediator hinzugezogen, der mit den Kindern arbeitet. Anschließend verfasst der Mediator einen Bericht, aus dem sich die Gedanken, Wünsche und Bedürfnisse der Kinder ergeben. Ist eine entsprechende Vernetzung vorhanden, kann in diesem Fall auch mit den Verfahrensbeiständen zusammengearbeitet werden.

Eine übliche Vorgehensweise in der Familienmediation sieht vor, dass Eltern und Kinder eine gemeinsame Mediationssitzung wahrnehmen. In dieser Sitzung arbeitet der Mediator mit den Kindern, die Eltern halten sich im Hintergrund auf und hören aufmerksam zu. Dieses gemeinsame Arbeiten mit Kindern und Eltern erfordert beim Mediator ein Höchstmaß an Kompetenz und Erfahrung im Umgang mit Kindern.

 

Überlegungen im Vorhinein und Nachhinein

Mediatoren müssen sich erst einmal darüber im Klaren sein, ob sie sich das Arbeiten mit Kindern in den verschiedenen Altersklassen zutrauen. Sie müssen sich fragen, welche Ziele durch die Sitzungen mit Kindern erreicht werden sollen - und in Anbetracht des Alters und der Fähigkeiten der Kinder auch können. Das Einbeziehen von Kindern in das Mediationsverfahren sollte gut geplant und vorbereitet werden. Das Setting sollte kindgerecht und altersgerecht gestaltet werden, um einen guten Kontakt zu den Kindern aufbauen zu können und Vertrauen zu schaffen. Sinnvoll ist es, die Kinder erst später am Verfahren zu beteiligen. Bewährt hat sich eine Integration der Kinder zwischen der dritten und vierten Mediationsphase.

Des Weiteren sollte sich der Mediator überlegen, wie die gemeinsam mit den Kindern erarbeiteten Ergebnisse in das Mediationsverfahren eingebunden werden können.

 

Vorbereitung – auch mit den Eltern

Um eine Familienmediation mit Kindern richtig vorbereiten zu können, müssen die Eltern aufgeklärt werden. Sie sollten sich darüber im Klaren sein, dass den Kindern eine eigene Stimme zusteht, wenn es im Konflikt um ihre eigenen Belange geht. Es sollte den Eltern klargemacht werden, dass auch den Kindern im Mediationsverfahren die gleiche Anerkennung und Wertschätzung zuteil wird. Dennoch sollten sich Eltern bewusst sein, dass sie durch die Einbeziehung der Kinder im Mediationsverfahren keine Entscheidungen aus der Hand geben und weiter in der Verantwortung bleiben. 

Aber auch Kinder sollten auf das Mediationsverfahren vorbereitet werden. Ihnen sollte erklärt werden, dass sie ihre eigene Meinung bzw. Stimme haben und auch äußern bzw. vertreten dürfen. Ihnen sollte aber verdeutlicht werden, dass sie dennoch keine eigenen Entscheidungen fällen dürfen oder auch müssen. Im Idealfall führen Mediatoren vorbereitend Einzelgespräche mit den Kindern, die dann ihre Sorgen und Ängste äußern können. Letztendlich gilt auch für Kinder der Grundsatz der Freiwilligkeit in einer Mediation, sodass geklärt werden muss, ob die Kinder zu einer gemeinsamen Mediationssitzung überhaupt bereit sind.

Erst dann, wenn sich alle Beteiligten gut auf die Familienmediation mit Kindern vorbereitet haben, kann eine Basis für nachhaltige Lösungen geschaffen werden.

 

Familienmediation ohne Einbeziehung von Kindern

Bei Familienmediationen, in denen Kinder indirekt beteiligt sind, hat es sich in der Praxis bewährt, im Anschluss an die Mediation eine Eltern-Kind-Sitzung durchzuführen. Kinder verfügen über „feine Antennen“ und erleben die Mediation ihrer Eltern auch dann, wenn sie zu Hause bleiben. Nicht selten sind sie verunsichert oder ängstlich, wenn ihre Eltern nach den Mediationssitzungen emotional aufgewühlt nach Hause kommen. Die Kinder wissen nicht, was in einem Mediationsverfahren passiert und können das Verhalten der Eltern schlecht einordnen.

In einer Eltern-Kind-Sitzung erkläre ich als Mediator den Kindern, was Mediation überhaupt bedeutet und welche sie betreffenden Lösungen gefunden wurden. So erleben die Kinder auf positive Art, dass ihre Eltern in der Lage sind, trotz Trennung und Konflikte auf die Bedürfnisse der Kinder einzugehen. Sie dürfen also auch in Zukunft darauf vertrauen, dass ihre Eltern sie wertschätzen und ihre Sorgen oder Ängste ernst nehmen. Auch so lässt sich eine vernünftige Basis für die Zukunft aufbauen.

Bis zum nächsten Mal und bleiben Sie zuversichtlich!

Ihr Frank Hartung

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