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Mediation oder Gerichtsverfahren?

Liebe Leserinnen und Leser!

Es gibt noch immer sehr viele Menschen, die nicht genau wissen, was Mediation eigentlich bedeutet. Erklärt man es, wird sehr häufig nach den Unterschieden, Vor- und Nachteilen zwischen Mediationsverfahren und Gerichtsverfahren gefragt. An dieser Stelle möchte ich daher einmal versuchen, einen Großteil der Fragen nachvollziehbar zu beantworten:

 

Das Mediationsverfahren

Bei einer Mediation handelt es sich um ein Verfahren der außergerichtlichen, am Konsens orientierten und an der Zukunft ausgerichteten Konfliktbeilegung. Das Mediationsverfahren wird durch einen unparteiischen und neutralen Mediator geleitet und unterstützt, der im Gegensatz zu einem Richter nicht entscheidungsbefugt ist. Im Verfahren wird versucht, eine einvernehmliche und den Interessen aller entsprechende Lösung zwischen den Konfliktparteien zu erreichen. Ein Mediationsverfahren ist freiwillig, an gewisse Grundsätze geknüpft und folgt einer Struktur. Eine besondere Bedeutung nehmen Perspektivwechsel, Kooperationsbereitschaft und kreative Lösungen für die Zukunft ein. Ein Gerichtsverfahren basiert in der Regel auf der Aufklärung und Einordnung des Konflikts in der Vergangenheit.

 

Was die Mediation mit dem Gerichtsverfahren gemeinsam hat - und was eben nicht

Aus dem juristischen Blickwinkel wird bei einem Konflikt nach vergangenheitsbezogenen Anhaltspunkten gesucht, um eine objektive Wahrheit herauszufiltern. Dann wird einem befugten Dritten, also dem Richter, die Entscheidung über diese Wahrheit überlassen. Verhaltensweisen werden von einem Richter beurteilt und natürlich auch, ob sich dieses Verhalten mit den normativen Geboten des Gesetzes deckt. Nahezu alle Gesetze aus dem Zivil- und Strafrecht sowie dem Öffentlichen Recht gründen auf einem Anspruchssystem, das auf rechtliche und moralisch zu bewertende Abweichungen von der objektiven Wahrheit basiert.

Deswegen fühlen sich Menschen nach einem Gerichtsverfahren auch sehr häufig „ungerecht behandelt“. Ein Gericht sorgt lediglich für Verfahrensgerechtigkeit nach dem Gesetz – nicht aber für materielle und immaterielle Gerechtigkeit. Gemeinsam haben Mediations- und Gerichtsverfahren jedoch, dass jemand als unparteiischer Dritter durch das jeweilige Verfahren führt und dafür sorgt, dass jedem Gehör verschafft wird. Beide Verfahren zielen auch darauf ab, eine Konfliktlösung herbeizuführen.

 

Unterschied Entscheidungsträger

Beim Gerichtsverfahren entscheidet jedoch der Richter durch Urteil oder andere vollstreckbare Entscheidungen. Im Mediationsverfahren entscheiden die Konfliktparteien eigenverantwortlich und werden vom Mediator nur auf ihrem einvernehmlichen Weg begleitet und unterstützt. Die Freiwilligkeit des Mediationsverfahrens macht also durchaus Sinn: Die Konfliktparteien können zu jeder Zeit und ohne Folgen in eine Mediation ein- oder aussteigen. Ein Gerichtsverfahren kann hingegen durch Klageeinreichung etc. eingeleitet werden und wird demnach staatlich-institutionalisiert aufgezwungen. Gegen eine Klage oder Strafanzeige müssen wir uns innerhalb gesetzter Fristen verteidigen und unser Erscheinen in der Verhandlung kann richterlich angeordnet - und notfalls mittels polizeilicher Vorführung durchgesetzt - werden.

Durch Verfassung und Gesetze haben wir dem Staat das Monopol zugebilligt, das Gesetz für uns zu unseren Gunsten oder unseren Ungunsten auszuüben.

 

Gewinner und Verlierer

Am Ende eines Gerichtsverfahrens steht in der Regel ein Gewinner und ein Verlierer fest. Der jeweilige Sieger darf sich so lange über seine Position freuen, bis der Verlierer in die nächste Instanz geht und Berufung, Revision oder ein anderes Rechtsmittel einlegt. Dann nämlich geht das ganze Prozedere von vorne los und zwar so lange, bis der eine gewinnt und der andere verliert.

Beim Mediationsverfahren gibt es keinen Gewinner oder Verlierer. Man könnte eher davon sprechen, dass beide Konfliktparteien „gewinnen“. Bei der Mediation werden aber auch keine Ansprüche in den Fokus gerückt, sondern beiderseitige Interessen. Mediationsverfahren basieren auf Konsens, Kooperation und ein besseres Miteinander, damit die Zukunft für alle Seiten positiv und profitabel gestaltet werden kann.

 

Vertraulichkeit kann Trumpf sein

Mit wenigen Ausnahmen sind Gerichtsverfahren öffentlich. An vielen Sitzungen kann die Öffentlichkeit teilnehmen, was beispielsweise auch für Presseleute gilt. Ein Mediationsverfahren ist hingegen immer vertraulich und gewährleistet ein hohes Maß an Diskretion, was allein schon auf § 1 Abs. 1 Mediationsgesetz gründet.

Insbesondere in sensiblen Bereichen wie etwa den gewerblichen Schutzrechten bietet die Vertraulichkeit der Mediation zahlreiche Vorteile. Im Mediationsverfahren werden keine vertraulichen oder delikaten Informationen aufgedeckt. Der Konkurrenz wird dadurch auch keinerlei Möglichkeit zur „Spionage“ eingeräumt. Und auch in anderen sensiblen Konflikten wird die neugierige Frau Meier von nebenan nicht als Zuhörer zugelassen, um später der redseligen Frau Müller zum Weitertratschen davon berichten zu können.

 

Zeit und Geld

Je nach Konfliktgrund und Rechtslage nimmt ein Gerichtsverfahren einen längeren Zeitraum in Anspruch. Nach der Klageeinreichung erfolgt in der Regel zunächst einmal reger Schriftverkehr, bevor ein oder mehrere Verhandlungstermine anberaumt und durchgeführt werden. Bis letztendlich ein Urteil oder eine Entscheidung ergeht, die dann auch ohne Rechtsmittelverfahren als solche Bestand hat, vergehen häufig Monate und sogar Jahre. Und da Gerichte, Behörden, Rechtsanwälte, Gutachter und Zeugen an einem Gerichtsverfahren beteiligt sein können, stellt ein Verfahren auch immer einen nicht zu unterschätzenden Kostenfaktor dar.

Berechnet werden diese Kosten nach einem Gegenstands-, Streit- oder Geschäftswert. Dieser entspricht entweder dem jeweiligen Anspruch in Geld oder wurde bereits gesetzlich festgelegt. Bei vielen gerichtlich entschiedenen Rechtsstreitigkeiten muss derjenige die Kosten des gesamten Verfahrens tragen, der das Verfahren verliert. Dies beinhaltet dann auch die Kosten des gegnerischen Anwaltes und Gerichtskosten.

Haben sich Konfliktparteien aber freiwillig dazu entschieden, ein Mediationsverfahren durchzuführen, können die dafür wahrscheinlich notwendigen Termine auch kurzfristig und vor allem unbürokratisch vereinbart werden. Hier kommt es auf den Sachverhalt des Konflikts an. Komplexe Materien mit viel Erklärungsaufwand bedürfen naturgemäß auch mehrere Sitzungen. Dennoch lassen sich nahezu alle Konflikte durch eine Mediation deutlich schneller klären als vor Gericht. Bei den Mediationskosten fallen eigentlich nur die Kosten für den Mediator an, die meistens hälftig von beiden Konfliktparteien übernommen werden. Mediatoren berechnen ihr Honorar nach Vereinbarung; also individuell. Dennoch kommen Konfliktparteien mit einer Mediation fast immer „günstiger weg“ und werden nicht einfach ungefragt zur Zahlung von unkalkulierbaren Kosten „verdonnert“.

 

Win-Win – für die Zukunft

Die Mediation fokussiert sich nicht auf die Probleme, sondern deren Lösung. Es wird auch nicht eine vorgefasste Lösung vorgegeben, sondern gemeinsam auf kreative und neue Art nach Lösungswegen gesucht. Das Ziel lautet, eine Lösung zu finden, mit der beide Konfliktparteien gut leben können – Win-Win eben. Es geht nicht, wie beim gerichtlichen Verfahren, um Schadensersatz, Entschädigungsleistung, Wiedergutmachung, Feststellung eines Fehlverhaltens und um Gewinner und Verlierer. Die Mediation wünscht sich immer zwei Gewinner für die Zukunft. Nicht selten werden in einem Mediationsverfahren sogar ganz neue Kooperationen gestaltet, in denen die ehemaligen Konfliktparteien weiterhin gut zusammenarbeiten können.

 

Und jetzt mal Tacheles

Als Mediator kann ich das naturgemäß von mir favorisierte Mediationsverfahren weiter in den Himmel loben. Doch es gibt Sachverhalte, Verhaltensweisen und Punkte, da stößt auch eine Mediation an ihre Grenzen.

Wann eine Mediation Sinn macht, kann niemand durch formale Kriterien vorbestimmen. Vom Grundsatz her können alle Konflikte mit Mediation be- und verarbeitet werden. Dies gilt selbst dann, wenn die Atmosphäre durch Enttäuschung und Verletzung schon sehr „giftig“ und eine Einigung in weite Ferne gerückt ist. Mediation kann auch eskalierte Konflikte, bei denen die Medianden nicht mehr in der Lage sind, ihre Probleme alleine kooperativ zu bearbeiten, wieder lösen. Die Beteiligten brauchen „trotz allem“ nur die auf ihren Bedürfnissen und Interessen beruhende Bereitschaft, eine einvernehmliche Lösung erarbeiten zu wollen. Insbesondere dann, wenn ein Interesse an einer zukünftig weiter bestehenden geschäftlichen oder persönlichen Beziehung vorliegt, kann die Mediation eine Alternative zu anderen Konfliktlösungsverfahren darstellen. 

Generell sollten die Konfliktparteien willens und in der Lage sein, ihre Wünsche, Interessen und Bedürfnisse zu artikulieren und zu vertreten. Dann kann auch bei

  • komplexen Auseinandersetzungen
  • festgefahrenen Konflikten
  • stark emotionalisierten Konflikten
  • Konflikten, bei denen dennoch eine Zusammenarbeit in der Zukunft gewünscht wird
  • Konflikten, die zeitlich schnell gelöst werden müssen
  • vertraulich zu behandelnden Konflikten
  • kostengünstig zu lösenden Konflikten

eine Mediation angeraten werden.

Von einer Mediation kann jedoch nur abgeraten werden, wenn zwischen den Konfliktparteien ein extremes Machtgefälle herrscht, das auch nicht durch den allparteilichen Mediator ausgeglichen werden kann. Auch wenn Grundsatzfragen in Bezug auf den öffentlichen Raum geklärt werden müssen, stellt sich ein Mediationsverfahren als schwierig dar.

Letztendlich ist Mediation eine hilfreiche Möglichkeit für selbstbestimmte Konfliktlösungen und Regelungen – jedoch leider kein Wunder- oder Allheilmittel.

 

Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit,

Ihr Frank Hartung

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