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Grundprinzip der Mediation – die Neutralität des Mediators

Liebe Leserinnen und Leser!

Ein besonders wichtiges Prinzip der Mediation ist die Neutralität des Mediators. Schließlich basiert ein Mediationsverfahren auf Freiwilligkeit. Niemand wird gezwungen, an einer Mediation teilzunehmen. Und Voraussetzung für diese Freiwilligkeit ist nun einmal, dass die Medianden mit der Person des Mediators und seiner Verfahrensführung einverstanden sind. Im Gegensatz zum typischen Verhältnis zu einem Richter basiert die Autorität des Mediators nämlich auf Vertrauen. Wird also die Neutralität des Mediators aus irgendeinem Grund gefährdet, so verliert der Mediator vielleicht auch das Vertrauen der Medianden. Damit wäre das Mediationsverfahren gescheitert.

 

Neutralität im Mediationsgesetz

Im Mediationsgesetz wird ausdrücklich auf das Erfordernis der Neutralität des Mediators hingewiesen. In § 1 Abs. 2 Mediationsgesetz heißt es, dass der Mediator „eine unabhängige und neutrale Person ohne Entscheidungsbefugnis, die Parteien durch die Mediation führt“ darzustellen hat.

Wie wichtig dieses Neutralitätsprinzip für eine Mediation ist, wird nochmals in § 3 Abs. 1 Mediationsgesetz ausgedrückt, wonach ein Mediator alle Umstände offenlegen muss, die seine Neutralität und Unabhängigkeit beeinträchtigen könnten. Aber was bedeutet Neutralität in diesem Zusammenhang überhaupt?

 

Neutralität in Wissenschaft und Praxis

Wie bei so vielen Dingen im Alltag, werden in Bezug auf Neutralität unterschiedliche Ansätze vertreten. Einer davon ist, dass Neutralität gleichzeitig auch Indifferenz der Medianden bedeutet. Ich bin der Meinung, dass Indifferenz eher mit Gleichgültigkeit gleichgesetzt werden kann und ein Mediator nicht gleichgültig sein sollte. Gemeint ist aber wohl eher, dass sich ein Mediator zurückhalten sollte und keinen Medianden bevorzugen oder benachteiligen darf.

Andere bevorzugen eher den Begriff der Allparteilichkeit. Hierdurch soll zum Ausdruck gebracht werden, dass der Mediator sowohl dem Mediationsverfahren selbst als auch allen Medianden gleichermaßen verpflichtet ist und aus diesem Grund in bestimmten Situationen befugt ist, einzelne Medianden zu unterstützen. Hierzu gehört beispielsweise eine sprachliche Unterstützung, sofern ein Mediand sich nur schwer artikulieren kann. Bei dieser Form der Unterstützung verstößt der Mediator keinesfalls gegen das Grundprinzip der Neutralität bzw. Allparteilichkeit.

Dies verdeutlicht, dass die Neutralität im Zusammenhang mit der Mediation aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet werden muss und nicht aus sich selbst heraus definiert werden kann. Neutrales Handeln durch den Mediator kann es nur im Hinblick auf bestimmte Entscheidungen und Situationen geben. Bei Mediationsverfahren handelt es sich dabei immer um Verfahrensentscheidungen, die dann neutral bewertet werden, sofern sich der Mediator an den von den Medianden vorgegebenen Entscheidungsrahmen hält.

Am Beispiel des schlecht artikulierenden Medianden haben wir erkannt, dass der Mediator durch seine Hilfeleistung nicht gegen das Neutralitätsprinzip verstößt. In anderen Fallkonstellationen legt der Mediator je nach Situation den Medianden nahe, sich doch lieber von einem Rechtsanwalt beraten zu lassen. Er trifft dabei aber nur Entscheidungen, die im Rahmen der Mediation vorgesehen sind. Aus der Mediationsvereinbarung ergibt sich, dass der Mediator für die Verfahrensführung verantwortlich ist. Er muss diese Entscheidung also treffen und sie auf Nachfragen auch transparent gegenüber den Medianden begründen.

 

Neutralität – Allparteilichkeit – Unabhängigkeit

Ebenfalls im Mediationsgesetz verankert ist der Begriff der Unabhängigkeit, mit dem ich mich bereits ausführlich im Mediationsblog beschäftigt habe. Als wesentlicher Bestandteil der Neutralität ist die persönliche Unabhängigkeit die persönliche Variante des neutralen Verhaltens und Handelns. Wie eingangs schon erwähnt, begründet das Vertrauen in den Mediator seine Verfahrensautorität. Dazu gehört naturgemäß auch, dass er weder durch inhaltliches Interesse am Mediationsergebnis oder nähere Beziehungen zu einem Medianden seine Neutralität in Zweifel zieht.

Ein Mediator, der zum Beispiel eine Mediation zwischen einem seiner Familienangehörigen und einer anderen Partei durchführen soll, stellt damit seine Unabhängigkeit infrage. Auch dann, wenn die andere Partei in Kenntnis der Verwandtschaft mit der Wahl des Mediators einverstanden ist, können Zweifel an der Neutralität kaum ausgeschlossen werden. Das Verwandtschaftsverhältnis besteht schließlich auch nach dem Mediationsverfahren weiter fort.

Das Mediationsgesetz verwendet zwar begrifflich die Unabhängigkeit – meint aber eher die persönliche Neutralität des Mediators.

 

Neutralität in der Praxis

Wie aber kann ein Mediator seinen Medianden auch verdeutlichen, dass er ihnen neutral gegenüber steht? In meinen Mediationsverfahren nutze ich hierfür Transparenz. Wenn ich Entscheidungen treffe, die von einem Medianden als nachteilig ausgelegt werden könnten, erläutere ich die Gründe für diese Entscheidung nochmal möglichst detailliert und nachvollziehbar. Zusätzlich weise ich noch einmal darauf hin, dass wir zu Beginn der Mediation entsprechende Regeln vereinbart haben. „Verstehen“ Medianden meine Vorgehensweise, behalten sie auch das Vertrauen.

Ansonsten versuche ich immer, mich nicht inhaltlich in das Mediationsverfahren „einzumischen“. So kann vermieden werden, dass sich eine Partei vereinnahmt und die andere Partei übergangen fühlt.

 

Wann Mediatoren besser eine Mediation ablehnen

Manchmal ist es sowohl für den Mediator als auch die Medianden besser, eine Mediation abzulehnen. Grundsätzlich muss sich der Mediator nach dem Mediationsgesetz an das Tätigkeitsverbot gemäß § 3 Abs. 2 MediationsG halten, was die Vorbefassung betrifft. Hier darf ein Mediator, der in der gleichen Sache vorbefasst war, eine Mediation – auch nicht mit Zustimmung der Medianden – durchführen. Sofern ein Mediator bereits in einem anderen Zusammenhang mit der Angelegenheit befasst war, ist das Risiko der Neutralitätsgefährdung sehr hoch. Selbst wenn die Medianden zu Beginn noch mit der Durchführung der Mediation einverstanden waren, kann sich dies im weiteren Verlauf ändern und könnte zu einem Scheitern führen.

Etwas anders ist es, wenn ein Mediator einen vorbefassten Kollegen unterstützen soll. Ist ein Mediator in derselben Berufsausübung oder Bürogemeinschaft verbunden, kommt ein relatives Tätigkeitsverbot in Betracht. Dieses wird jedoch ausgehebelt, weil der Mediator persönlich nicht in dieser Sache agiert und die Mediation durchführen darf, wenn er die Medianden darüber umfassend informiert hat, belehrt hat und diese damit einverstanden sind. Auch in diesen Fällen muss darauf geachtet werden, dass kein Mediand den Eindruck hat, durch den Mediator bevorzugt oder benachteiligt zu werden.

Diese Regelung betrifft häufig innerbetriebliche Mediationen oder unternehmensinterne Mediatoren. Ist ein Mediator dort bereits als Berater, Coach oder Organisationsentwickler im Konfliktfeld involviert, scheidet er für ein Mediationsverfahren aus. Durch die Regelung kann jedoch ein Kollege aus dem gleichen Büro mit der Mediation betraut werden. So kann trotzdem ein Mediator beauftragt werden, der bislang noch nicht persönlich mit dem Konfliktgeschehen befasst war.

Letztendlich ist die Neutralität des Mediators als Grundprinzip der Mediation außerordentlich wichtig, aber auch ein komplexer Auslegungsbegriff. Mediatoren müssen darauf achten, ihre Entscheidungen transparent zu treffen und sie zu erläutern. Fast über allem steht bei der Mediation das gegenseitige Vertrauen, jedoch ohne dabei eine zu große Nähe zu einer Partei aufzubauen und auszuüben.

Bis zum nächsten Mal, Ihr Frank Hartung

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