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Wann sind Einzelgespräche in der Mediation erlaubt und sinnvoll?

Auch nach der Einführung des Mediationsgesetzes im Jahr 2012 wurden die Diskussionen, wie eine Mediation im Idealfall durchgeführt werden soll, nicht still. Das Mediationsgesetz bietet Mediatoren lediglich einen Rahmen, der von allen Mediationsteilnehmern ausgeschöpft werden muss. Dieser gesetzlich vorgegebene Rahmen gewährt dem Mediator einen gewissen Spielraum und erlaubt unterschiedliche Interpretationen.

 

Caucus-MediationZwiespältige Gespräche werden insbesondere über Einzelgespräche in der Mediation geführt. Derartige Einzelgespräche führt der Mediator mit dem jeweiligen Medianden in Bezug auf den Konflikt selbst und auch dessen Lösung. Als Technik mit der Bezeichnung „Caucus“ finden Einzelgespräche innerhalb der Mediation in Deutschland sowie im anglo-amerikanischen Raum mehrheitlich Zuspruch. Und dennoch wird immer wieder erörtert, ob, wie und wann Einzelgespräche Verwendung finden sollen.

 

Auswirkung von Einzelgesprächen auf den Mediationsprozess

Es gibt mehrere Gründe, warum sich Einzelgespräche positiv auf die Entwicklung der Mediation auswirken können. Ziel einer Mediation ist es, die Konfliktparteien wieder wechselseitig zur Kommunikation zu bewegen, damit sie sich wieder austauschen und letztendlich den Konflikt lösen können. Im Vorhinein sind jedoch beide Parteien in der Regel in ihrer Kommunikation gehemmt und haben die Sorge, dass ihre der anderen Partei im Rahmen der Mediationsgespräche zugänglich gemachten Informationen gegen sie verwendet werden könnten. Typisch ist hier das Beispiel der insolventen Konfliktpartei, die ihrem Gegenüber naturgemäß nichts von ihrer Zahlungsunfähigkeit erzählen möchte.

Einzelgespräche in der MediationDurch ein Einzelgespräch kann der Mediator zunächst eine Vertrauensbeziehung zu den Medianden aufbauen. Dieses Vertrauen ist dann die Basis, dass die Medianden dem Mediator auch Informationen anvertrauen, die sie aus Scham oder Stolz verschweigen wollten. Der Mediator nutzt diese konfliktrelevanten Informationen dann, um bislang nicht erkennbares Lösungspotenzial auszuschöpfen. Auf emotionaler Ebene haben Einzelgespräche den Vorteil, dass der Mediand seine Gefühle und Ansichten gegenüber dem Mediator „loswerden“ kann. Nicht selten tragen Einzelgespräche daher dazu bei, dass eine Eskalation während der Mediation vermieden werden kann.

Je nach vorhandenem Konflikt kann der Mediator das Einzelgespräch nutzen, um ein Prozessrisiko zu analysieren oder nach Mediationsalternativen zu suchen. So können die Erfolgsaussichten außerhalb eines Mediationsverfahrens realistisch eingeschätzt werden. Ist eine Mediation nach diesen Überlegungen Erfolg versprechend, kann sie an dieser Stelle mit noch mehr Engagement fortgesetzt werden.

 

Einzelgespräche nur dann, wenn die Medianden „wollen“

Nach dem Mediationsgesetz wird der Einsatz von Einzelgesprächen vom Willen der Medianden abhängig gemacht. Grundsätzlich sind getrennte Gespräche mit den Konfliktparteien zulässig. Voraussetzung ist jedoch, dass die Parteien mit den Einzelgesprächen einverstanden sind. Bislang nicht geregelt ist die Frage, ob Einzelgespräche dann auch eingesetzt werden müssen und wie diese ausgestaltet werden sollen. Im Idealfall klärt der Mediator diese Inhalte vor der Mediation mit den Medianden. Darüber hinaus behandelt der Mediator die ihm während des Einzelgespräches erklärten Informationen auf Wunsch vertraulich; wie es im Übrigen im Hinblick auf das gesamte Mediationsverfahren gehandhabt wird.

 

Vorteile können zu Nachteilen werden

Während ein Einzelgespräch die Vertrauensbeziehung zwischen Mediator und Mediand fördern kann, wird diese in Bezug auf die andere Partei gefährdet. Es besteht das Risiko, dass die nicht am Einzelgespräch beteiligte Partei den Mediator nicht mehr als allparteilich und neutral einschätzt.

Dass ein Mediator seine Grundeinstellung zur Neutralität und Allparteilichkeit durch ein Einzelgespräch tatsächlich (wenn auch nur unterbewusst) einbüßt, kommt bei professionell ausgebildeten Mediatoren in der Regel nicht vor. Selbst wenn eine Partei den Mediator während des Einzelgespräches zu beeinflussen versucht, wird er an der mediativen Grundhaltung des Mediators scheitern.

Sollte durch ein Einzelgespräch gezielt Missbrauch betrieben werden, beispielsweise um das Mediationsverfahren zu verzögern oder die Funktion des Mediators herabzusetzen, wird der Mediator das Gespräch und vielleicht sogar das ganze Mediationsverfahren unverzüglich abbrechen.

 

Einzelgespräche aus der Sicht des Mediators

Einzelgespräche im MediationsverfahrenBei einem Einzelgespräch, das vor der Mediation stattfindet, betont der Mediator zunächst seine Allparteilichkeit und sichert Vertrauensschutz zu. Erst am Ende des Einzelgesprächs soll endgültig geklärt werden, welche Inhalte aus dem Einzelgespräch in die Mediation einfließen dürfen.

Aus Sicht des Mediators wird das Einzelgespräch vor der Mediation aus folgenden Gründen geführt:

  • Sammlung von Vorabinformationen
  • Einschätzung der Konfliktbrisanz
  • Analyse von Erfolgsaussichten
  • Abschätzung der Konfliktkomplexität
  • Einräumung der Möglichkeit, ohne „Gesichtsverlust“ reden zu können
  • Erörterung persönlicher Details, die sich konfliktklärend oder entlastend auswirken
  • Herstellung der Mediationsbereitschaft
  • Vorbereitung der Mediationsgespräche

Es ist aber auch möglich, dass Medianden während der Mediation auf den Mediator zukommen und um ein Einzelgespräch bitten. Kommt der Mediator diesem Wunsch nach, geschieht dies aus folgenden Gründen:

  • die Medianden sind sehr emotional belastet
  • die Medianden halten sich nicht an die Mediationsregeln
  • die Medianden möchten etwas sehr Persönliches mitteilen
  • die Medianden müssen ihre Bedürfnisse und Gefühle mit sich selbst klären
  • in Sacken, wenn die Mediation stockt, um deren Fortgang zu fördern

Auf der reinen Sachebene fragt der Mediator bei Einzelgesprächen gezielt nach dem Grund, warum der Mediand das Gespräch wünscht und warum die Situation für ihn gerade schwierig ist. Der Mediator versucht, im Einzelgespräch die Bedeutung und das Gefühl zu erforschen, wie es dem Medianden mit dem Konflikt geht. Erörtert wird auch, in welcher Beziehung die Parteien zueinander stehen. Abschließend fragt der Mediator nach den Absichten des Medianden, wie er sich den weiteren Verlauf der Mediation vorstellt und prüft Äußerungen, Wünsche und Hoffnungen auf potenzielle Konsequenzen.

 

Fazit – Einzelgespräche können sinnvoll sein, wenn sich alle an die Regeln halten

Zeigt sich während der Mediation, dass eine zufriedenstellende und tragfähige Konfliktlösung nur mit der Unterstützung von Einzelgesprächen erzielt werden kann, gehört die Entscheidung in den Aufgabenbereich des Mediators. Ob, wann und wie der Mediator Einzelgespräche führt, sollte bereits vor Beginn mit den Medianden erläutert werden.

Wird ein Einzelgespräch durchgeführt, so bietet der Mediator der anderen Partei ebenfalls aus Gründen der Fairness und nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz ein entsprechendes Gespräch an. Halten sich alle an die vorab erörterten Abläufe können Einzelgespräche zu einem reibungslosen Ablauf der Mediation und damit der schnellen und unkomplizierten Konflitklösung beitragen.

 

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© 2024 Frank Hartung Ihr Mediator bei Konflikten in Familie, Erbschaft, Beruf, Wirtschaft und Schule

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