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Mediation mit Narzissten – möglich oder unmöglich?

Liebe Leserinnen und Leser!

Ein Narzisst wirkt nach außen hin selbstbewusst und souverän. Er weiß sich darzustellen und auszudrücken. Schließlich dreht sich die Welt eines Narzissten nur um eins – nämlich um sich selbst! Und auch wenn es etwas übertrieben dargestellt sein mag, ist der Umgang mit Narzissten selten einfach. Viele sonst so erfolgreiche Kommunikationstechniken und Verhaltensweisen prallen an einem Narzissten einfach ab. Narzissten können sogar krank machen. Arbeitet oder lebt man mit ihnen dauerhaft zusammen, leiden Selbstwertgefühl und Psyche unter den ständigen Attacken und Abwertungen.

Häufig wird der Ausdruck „Narzisst“ heute als Schimpfwort genutzt. Dies geschieht in der Regel dann, wenn zwischenmenschliche Beziehungen oder berufliche Kooperationen nicht (mehr) funktionieren, weil eine Partei sich – aus welchem Grund auch immer – quer stellt. Jedoch wissen einfach viele Menschen nicht, was alles unter Narzissmus fällt: Ein Narzisst ist arrogant, selbstbezogen und macht durch rücksichtsloses Verhalten auf sich aufmerksam. Narzissten legen einen gehobenen Autoritätsanspruch an den Tag und sind kaum zur Empathie fähig. Kritisiert man einen Narzissten, reagiert dieser extrem empfindlich. Schon eine kleine Nach- oder Rückfrage lässt den Narzissten oft schon böse reagieren.

 

NarzisstNervenschonender Umgang mit Narzissten

Narzissten „ticken“ einfach anders, weshalb Psychologen und Kommunikationstrainer mittlerweile eine einfache Grundregel zum Umgang mit Narzissten aufgestellt haben: So viel Umgang wie nötig, so wenig Umgang wie möglich!
Wer diesen Rat beherzigt, lebt deutlich ruhiger. Einen Narzissten kann man nicht ändern. Es empfindet sein Verhalten nicht als ungerecht. Es liegt also nahe, die eigene Einstellung zu Narzissten zu ändern und das Verhalten anzupassen.
Ein Narzisst raubt Energie, ohne etwas zurückzugeben. Deshalb sollte der Kontakt zu einem Narzissten auf ein Minimum beschränkt werden. Niemand sollte deshalb Schuldgefühle entwickeln oder gar das Problem mit einem Narzissten im eigenen Verhalten suchen.
Lässt sich der Kontakt zu einem Narzissten nicht vermeiden, müssen die eigenen Erwartungen heruntergeschraubt werden. Narzissten hören nicht wirklich zu. Sie hören nur dann gerne zu, wenn sie selbst reden. Auch die Erwartungen in Bezug auf Mitgefühl, Dank oder Anerkennung werden von einem Narzissten nicht erfüllt. Die Gefühle seiner Mitmenschen interessieren einen Narzissten nicht.

 

Bis hier hin und nicht weiter!

Wenn es sich nicht vermeiden lässt, sollte mit einem Narzissten klar, deutlich und nachhaltig kommuniziert werden. Um sich nicht von einem Narzissten vereinnahmen zu lassen und ihm mehr Macht zu verleihen, sollten ihm seine Grenzen aufgezeigt werden. Da Narzissten häufig gierig und berechnend sind, kann es von Vorteil sein, bei der Kommunikation potenzielle Vorteile aufzuzeigen. So lassen sich manche Dinge „schmackhaft“ machen. Gleiches gilt übrigens für das eigentlich gar nicht so ausgeprägte narzisstische Selbstwertgefühl. Komplimente schmeicheln der narzisstischen Seele. Wer also versuchen möchte, etwas bei einem Narzissten zu erreichen, kann zunächst mit einem Lob die Stimmung heben.
Auf der anderen Seite neigen Narzissten dazu, immer wieder die gleiche Taktik zu fahren. Wer geschickt ist, kann das narzisstische Verhalten studieren, vorhersagen und für seine eigenen Zwecke nutzen. Und wenn der Narzisst schimpft, tobt und kritisiert lässt der kluge Mensch die Kommentare ohne Wertung an sich vorüberziehen. Es bedarf keinerlei Rechtfertigung. Die eigene Sicht der Dinge interessiert Narzissten sowieso nicht.

 

Sind Narzissten überhaupt mediationsfähig?

Eine Mediation unter der Beteiligung von Narzissten stellt den Mediator ganz klar vor eine besondere Herausforderung. Für Mediatoren ist der Umgang mit narzisstischen Persönlichkeiten kein neues Phänomen mehr. Denn seit der Einführung der Mediation in den 90er Jahren kommt dem „Machtausgleich“ eine besondere Bedeutung zu. In der Mediation wird eine Gleichstellung der Parteien angestrebt. Dies setzt voraus, dass ein Informations- und Machtausgleich zugelassen wird, um kooperatives Verhandeln zu ermöglichen. Nur so sind faire und nachhaltige Lösungen möglich.
Mediation basiert auf Kommunikation. Sofern der Narzisst darauf bedacht ist, seine Macht und Kontrolle zu erhalten, wird er die Kommunikation jedoch verweigern. Und ohne Kommunikation sind – unabhängig von einer Mediation - weder Beziehungen, noch Kompromisse oder Aussöhnungen möglich.
Für eine Mediation kommt es meines Erachtens also zunächst auf die Ausprägung der narzisstischen Tendenzen bei einem Beteiligten an. Es kann nicht pauschal im Vorhinein auf die Frage geantwortet werden, ob eine Mediation mit einem narzisstisch veranlagten Menschen möglich ist. Zwingend zu unterscheiden ist die schwerwiegende narzisstische Persönlichkeitsstörung von der manchmal vorkommenden narzisstischen Ader, die einige Menschen auch als ihre „dunkle Seite“ betrachten. Dies sollte immer nach dem Einzelfall beurteilt werden.

 

Lügen und Manipulationen aufdecken

Dabei zu berücksichtigen ist jedoch, dass waschechte Narzissten von Natur aus zur Manipulation ihres Umfelds neigen, was in ihrer versteckten Unsicherheit begründet ist. Sie überspielen ihre Unsicherheit mit einem übersteigerten Selbstbewusstsein. Narzisstische Eigenschaften sind nicht leicht zu erkennen. Es besteht die Gefahr, dass sich auch Mediatoren vom charmant erscheinenden Narzissten zunächst „einwickeln“ lassen.
Ganz wichtig ist es für Mediatoren auch, sich den Gegenpart des Narzissten genau anzusehen. Konflikte mit Beteiligung eines Narzissten finden in der Regel genau dann statt, wenn das „Opfer“ eigentlich schon am Boden liegt, fertig ist und nicht mehr weiter weiß. Diese Situation erleichtert es dem Narzissten, besonders überzeugend und souverän aufzutreten. Und der Mediator muss über Fachkunde und Erfahrung verfügen, um den Narzissten unter seinem Lügenkonstrukt als solchen zu erkennen.
Denn im Gegensatz zum Gerichtsverfahren geht es in der Mediation nicht um „Gewinnen“ und „Verlieren“. Der echte Narzisst will immer gewinnen und setzt dafür auch alles ein, was er zur Verfügung hat – egal zu welchem Preis. Kann man dies dem narzisstischen Part nicht richtig vermitteln und dabei vielleicht noch einen Funken Empathie aus ihm heraus kitzeln, ist es wohl besser, von der Mediation Abstand zu nehmen. Einem Opfer von echtem Narzissmus kann nur geraten werden, sich zur Bewältigung potenzieller Traumata der Psychotherapie zu bedienen, leider!

 

Bis zum nächsten Mal und bleiben Sie wohlauf!

Ihr Frank Hartung

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