Glossar Mediation

Unternehmensnachfolge

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BegriffDefinition
Unternehmensnachfolge

Die Unternehmensnachfolge ist der Prozess, bei dem Eigentum und Leitung eines bestehenden Unternehmens an Nachfolger übertragen werden. Sie beinhaltet komplexe Abläufe und unterscheidet sich von Neugründungen, da bereits etablierte Strukturen und Beziehungen übernommen werden. Die Nachfolge kann unterschiedliche rechtliche und finanzielle Formen annehmen und erfordert eine langfristige, sorgfältige Planung, idealerweise 5-7 Jahre im Voraus.

 

Familieninterne Nachfolge

In deutschen mittelständischen Unternehmen ist die familieninterne Unternehmensnachfolge zwar verbreitet, jedoch sinkt die Tendenz dafür. Es gibt verschiedene Methoden:

  1. die vorweggenommene Erbfolge, bei der der Unternehmer zu Lebzeiten den Betrieb ganz oder teilweise überträgt.
  2. die schrittweise Übergabe durch Gründung einer Gesellschaft, bei der ein Familienmitglied einsteigt und nach und nach Verantwortung übernimmt.
  3. den Unternehmenskauf durch ein Familienmitglied, wo der Nachfolger den Betrieb käuflich erwirbt, oft zu erleichterten Konditionen wie Ratenzahlungen oder Verkäuferfinanzierung.

 

Externe Nachfolge und Management Buy-In

Eine externe Nachfolge liegt vor, wenn ein Unternehmen an eine Person übergeht, die nicht zur Gründerfamilie gehört.

  1. Ein Management Buy-In (MBI) ist ein Unternehmenskauf durch einen externen Manager mit Branchenerfahrung. Vorteile sind neue Perspektiven, Ideen und Expertise für das Unternehmen. Der Verkäufer kann sicher sein, dass sein Lebenswerk fortgeführt wird und Arbeitsplätze sowie die Unternehmenskultur erhalten bleiben. Herausforderungen sind Marktintransparenz, da viele Verkäufe nicht öffentlich sind, Finanzierungshürden, da hohe Eigenkapitalquoten erwartet werden, und emotionale Barrieren bei Unternehmern und Managern, die sich auf Veränderungen einstellen müssen.
  2. Ein Management Buy-Out (MBO) bezeichnet den Kauf der Mehrheit der Unternehmensanteile durch das interne Management. In Deutschland finden 15-20% der Unternehmensnachfolgen durch MBOs statt. Die Vorteile liegen in der guten Kenntnis des Unternehmens und einem reibungslosen Übergang. Der Prozess dauert meist 6-12 Monate und beinhaltet mehrere Phasen, von der Initiierung bis zum Abschluss. Die Finanzierung, oft durch Verkäuferkredite, ist dabei ein entscheidender Faktor für den Erfolg.
  3. Die Pacht und Vermietung von Betrieben ist eine Option für Unternehmer, die nicht mehr selbst aktiv sein wollen, aber ihr Unternehmen noch nicht verkaufen möchten. Bei der Pacht werden Betriebsmittel für den gewinnorientierten Gebrauch überlassen, ohne Eigentum zu übertragen. Bei der Vermietung werden nur die Räumlichkeiten vermietet, wobei der Nachfolger die Ausstattung selbst erwirbt, was steuerlich als Aufgabe des Unternehmens gelten kann.
  4. Das Genossenschaftsmodell dient als kollektive Nachfolgelösung für Unternehmen, wenn Mitarbeiter das Unternehmen übernehmen möchten und keine andere Nachfolgeregelung existiert. Mindestens drei Personen können eine eingetragene Genossenschaft gründen, um finanzielle Mittel zu bündeln und den Kaufpreis zu finanzieren. Der ausscheidende Unternehmer kann in beratender Funktion bleiben. Genossenschaften sind sehr insolvenzsicher und profitieren von steuerlichen Vorteilen. Für die Gründung einer Genossenschaft werden ein Konzept, ein Gründungsteam aus mindestens drei Mitgliedern, ein Wirtschaftskonzept, die Benennung von Vorstand und Aufsichtsrat, sowie eine Prüfung durch den Genossenschaftsverband und eine notarielle Eintragung benötigt.
  5. Das Stiftungsmodell eignet sich zur langfristigen Unternehmenserhaltung ohne Abhängigkeit von Nachkommen. Das Unternehmen gehört dabei der Stiftung, die sich selbst gehört und keine Eigentümer benötigt. Durch die juristische Trennung des Vermögens bleibt das Unternehmen als Ganzes erhalten und fällt nicht in Erbteile auseinander. Eine Variante ist die Doppelstiftung, die aus einer gemeinnützigen und einer Familienstiftung besteht. Die Familienstiftung hält dabei Stimmrechte, während die gemeinnützige Stiftung die Gewinne für das Allgemeinwohl nutzt. Ein Beispiel ist die Übertragung von Patagonia an eine Klimaschutzstiftung im Wert von drei Milliarden Dollar.

 

Wirtschaftliche und emotionale Herausforderungen

  1. In Deutschland verstärkt der demografische Wandel die Probleme bei der Unternehmensnachfolge. Die Alterung der Unternehmergeneration führt dazu, dass das Durchschnittsalter der Übergeber auf 63 Jahre gestiegen ist. Gleichzeitig gibt es eine kleinere Generation potenzieller Nachfolger, deren Durchschnittsalter bei etwa 38 Jahren liegt. Diese Entwicklung führt zu einer wachsenden Lücke zwischen abgebenden und übernehmenden Generationen.
  2. In deutschen Familienunternehmen ist die familieninterne Unternehmensnachfolge zwar beliebt, es fehlen jedoch oft geeignete Nachfolger. 43 Prozent planen eine Übergabe innerhalb der nächsten drei Jahre. Trotz der Bevorzugung dieses Weges, endet die Übergabe von der ersten zur zweiten Generation in etwa 70 Prozent der Fälle im Scheitern. Probleme entstehen oft durch mangelndes Loslassen der Eltern und Streitigkeiten zwischen den Kindern.

 

Die Rolle der Mediation in der Unternehmensnachfolge

Die Mediation ist ein vertrauliches und strukturiertes Verfahren, das bei der Unternehmensnachfolge als spezialisierte Anwendung dient, um Konflikte außergerichtlich zu lösen. Der Mediator agiert als neutraler Vermittler und fokussiert auf zukunftsgerichtete Lösungen statt auf die Vergangenheitsbewältigung. Das Mediationsgesetz legt fest, dass die Verfahren vertraulich und freiwillig sind.  Besonders wichtig ist die Mediation bei emotionalen Konflikten im Zuge der Unternehmensübergabe, wie Erbstreitigkeiten, unterschiedliche Auffassungen über die Unternehmensfortführung, Kompetenzabgrenzungen und Ängste der Belegschaft. Die Mediation ermöglicht vertrauliche Gespräche, fokussiert auf Interessen und nicht auf Positionen, stärkt Beziehungen und bietet maßgeschneiderte Lösungen. Der Prozess ist strukturiert und kann externe Experten einbeziehen. Erfolgreiche Mediationen zeigen hohe Erfolgsquoten und können dazu beitragen, emotionale und zwischenmenschliche Herausforderungen zu bewältigen. Die Kosten der Mediation sind transparent und richten sich nach dem Zeitaufwand. Die Mediation in der Unternehmensnachfolge entwickelt sich durch digitale Möglichkeiten weiter und verschiebt sich zunehmend von reaktiver zu präventiver Konfliktbearbeitung. Mediatoren müssen qualifiziert und mit den Aspekten der Unternehmensnachfolge vertraut sein. Erfolgsfaktoren der Mediation sind die Bereitschaft zur Teilnahme, rechtzeitige Einleitung, kompetente und neutrale Mediation sowie realistische Erwartungen.

 

Die Rolle des Coaching in der Unternehmensnachfolge

Nachfolge-Coaching ist ein Coachingansatz, der Unternehmensnachfolger bei der Übernahme von Familienunternehmen unterstützt. Es befasst sich mit Herausforderungen wie dem Ausbalancieren von Familieninteressen und betrieblichen Anforderungen sowie der Kommunikation mit dem Übergeber. Emotionale Herausforderungen wie Identitätsverlust des Übergebers und die Entwicklung einer neuen Führungsidentität für den Nachfolger spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. Das Coaching hilft bei strategischen Fragen, Konfliktbewältigung und Kommunikationsstrategien, um eine erfolgreiche Übergabe zu gewährleisten.
Um den Übergang eines Unternehmens zu bewältigen, sind spezifische Coaching-Strategien nützlich. Dazu gehört

  1. die frühzeitige Kommunikation und das Setzen klarer Erwartungen, um Unsicherheiten zwischen den Generationen zu verringern.
  2. Weiterhin ist die Entwicklung gemeinsamer Werte und Visionen zwischen der Senior-Generation und der Nachfolgegeneration entscheidend für den Erfolg des Unternehmens.
  3. Eine dritte Strategie kann die externe Begleitung sein.

 

Fazit

Die Unternehmensnachfolge ist ein komplexer Prozess, bei dem ein bestehendes Unternehmen an Nachfolger übergeht. Dies erfordert eine langfristige Planung von 5-7 Jahren. In deutschen Mittelständlern ist die familieninterne Übergabe üblich, doch die Neigung hierzu sinkt. Es gibt mehrere Methoden, darunter Erbfolge, schrittweise Übergabe, Kauf und Pacht. Externe Nachfolgen, bei denen Führungskräfte von außen das Unternehmen übernehmen, bringen neue Ideen, stehen aber vor Herausforderungen wie Marktintransparenz und Finanzierungshürden. Genossenschafts- und Stiftungsmodelle bieten alternative Lösungen für die Unternehmensnachfolge. Der demografische Wandel und eine alternde Unternehmergeneration stellen jedoch zusätzliche Herausforderungen dar. Mediation und Coaching sind wichtige Instrumente, um Konflikte zu lösen und die Nachfolger zu unterstützen. Mediation bietet vertrauliche, maßgeschneiderte Lösungen, während Coaching hilft, strategische und emotionale Herausforderungen zu bewältigen.

© 2025 Frank Hartung Ihr Mediator bei Konflikten in Familie, Erbschaft, Beruf, Wirtschaft und Schule

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