Glossar Mediation

Mäeutik

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Begriff Definition
Mäeutik

Der Begriff Mäeutik stammt aus dem altgriechischen Wort "maieutikḗ", was übersetzt "Hebammenkunst" bedeutet. Diese Bezeichnung wurde von dem griechischen Philosophen Sokrates geprägt, der sie als Metapher für seine Gesprächsführung verwendete. In der Philosophie bezieht sich Mäeutik auf eine Methode der Erkenntnisgewinnung durch Fragen und Antworten, bei der der Gesprächspartner durch geschicktes Hinterfragen zu eigenen Erkenntnissen geleitet wird.

Allgemeine Bedeutung von Mäeutik
Mäeutik kann als eine Art geistige Geburtshilfe betrachtet werden, bei der der Gesprächspartner durch kritisches Nachdenken und Selbstreflexion zu eigenen Einsichten und Erkenntnissen gelangt. Dabei geht es nicht um das bloße Wissen oder das Auswendiglernen von Fakten, sondern um die Entwicklung von Denkfähigkeiten und die Auseinandersetzung mit eigenen Überzeugungen und Vorstellungen.

Mäeutik und Mediation
Der Zusammenhang zwischen Mäeutik und Mediation liegt in ihrer gemeinsamen Zielsetzung, nämlich die Förderung von Selbstreflexion und die Erarbeitung eigener Lösungen. In der Mediation, als einem Verfahren zur Konfliktlösung, werden die Konfliktparteien durch gezielte Fragen und Gespräche dazu angeleitet, ihre Interessen und Bedürfnisse zu erkennen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Ähnlich wie bei der Mäeutik geht es auch hier um die aktive Beteiligung der Konfliktparteien und die Entwicklung von eigenen Lösungen.
Die Rolle des Mediators kann dabei mit der des Sokrates verglichen werden, der als "Hebamme" fungiert und den Gesprächspartner durch geschicktes Fragen und Hinterfragen zur eigenen Erkenntnis führt. Auch in der Mediation geht es nicht darum, dem Konflikt eine Lösung aufzuzwingen, sondern gemeinsam mit den Beteiligten eine für alle akzeptable Lösung zu erarbeiten.

Mäeutik als Methode in der Mediation
Die Mäeutik basiert auf einigen grundlegenden Prinzipien, die für eine erfolgreiche Anwendung dieser Methode unerlässlich sind. Dazu gehören:

  1. Offene Fragen stellen:
    Der Mediator stellt den Konfliktparteien offene Fragen, die sie dazu anregen, über ihre Gedanken, Gefühle und Bedürfnisse nachzudenken. Diese Fragen sind nicht suggestiv und sollten nicht mit "Ja" oder "Nein" beantwortet werden können.

  2. Aktives Zuhören:
    Der Mediator hört aktiv zu und versucht, die Perspektive und Gefühle der Konfliktparteien zu verstehen. Durch aktives Zuhören kann der Mediator auch nonverbale Signale wahrnehmen und in die Kommunikation einbeziehen.

  3. Neutralität:
    Der Mediator bleibt neutral und wertfrei, um den Konfliktparteien dabei zu helfen, ihre eigenen Lösungen zu finden.

  4. Empathie:
    Der Mediator zeigt Empathie gegenüber den Konfliktparteien und versucht, sich in ihre Lage zu versetzen. Dadurch wird eine vertrauensvolle Atmosphäre geschaffen, in der die Konfliktparteien offen über ihre Bedürfnisse sprechen können.

Beispiel aus der Familienmediation
Ein Beispiel für die Anwendung der Mäeutik in der Familienmediation ist die Lösung eines Konflikts zwischen Eltern und ihren jugendlichen Kindern. Die Eltern sind besorgt, dass ihre Kinder zu viel Zeit vor dem Computer verbringen und sich dadurch von der Familie und ihren Pflichten distanzieren. Die Kinder hingegen fühlen sich kontrolliert und eingeschränkt in ihrer Freiheit. 
Der Mediator stellt den Eltern und Kindern offene Fragen, um ihre Bedürfnisse und Sorgen zu verstehen. Durch aktives Zuhören erkennt er, dass die Eltern sich um die Zukunft ihrer Kinder sorgen und die Kinder sich nach mehr Freiheit sehnen. Der Mediator zeigt Empathie für beide Seiten und hilft ihnen, gemeinsam Lösungen zu finden, die den Bedürfnissen aller gerecht werden. Auf diese Weise können die Eltern und Kinder eine Vereinbarung treffen, die sowohl die Freiheit der Kinder respektiert als auch die Sorgen der Eltern berücksichtigt.

Beispiel aus der Wirtschaftsmediation
In der Wirtschaftsmediation kann die Mäeutik dazu beitragen, Konflikte zwischen Geschäftspartnern zu lösen. Ein Beispiel dafür ist ein Konflikt zwischen einem Lieferanten und einem Kunden. Der Lieferant hat Lieferschwierigkeiten und der Kunde ist unzufrieden mit der Qualität der gelieferten Waren. Beide Parteien sind frustriert und es droht ein Rechtsstreit.
Der Mediator stellt den Parteien offene Fragen, um die Gründe für die Lieferschwierigkeiten und die Unzufriedenheit des Kunden zu verstehen. Durch aktives Zuhören erkennt er, dass der Lieferant unter Kapazitätsproblemen leidet und der Kunde sich aufgrund der schlechten Qualität der Waren in seiner Geschäftstätigkeit beeinträchtigt fühlt. Der Mediator hilft den Parteien dabei, gemeinsam Lösungen zu finden, um die Lieferprobleme zu lösen und die Qualität der Waren zu verbessern. Auf diese Weise können sie eine Einigung erzielen, die für beide Seiten akzeptabel ist und einen langwierigen Rechtsstreit vermeiden.

Zusammenfassung
Mäeutik, ursprünglich die "Hebammenkunst" aus dem Altgriechischen, wurde von Sokrates als Gesprächsmethode angewandt, um durch Hinterfragen zu Erkenntnissen zu leiten. In der Mediation dient diese Methode dazu, durch offene Fragen, aktives Zuhören, Neutralität und Empathie Konfliktparteien zur Selbstreflexion und eigenständigen Lösungsfindung zu ermutigen. Der Mediator agiert dabei neutral und unterstützt die Konfliktparteien, ohne Lösungen vorzugeben.

 

© 2025 Frank Hartung Ihr Mediator bei Konflikten in Familie, Erbschaft, Beruf, Wirtschaft und Schule

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