Glossar Mediation

Kugellager-Methode

Begriff Definition
Kugellager-Methode

Die Kugellager-Methode ist eine Moderationstechnik, bei der sich die Teilnehmer in zwei konzentrischen Kreisen gegenübersitzen - einem Innenkreis und einem Außenkreis. Der Name "Kugellager" entsteht durch die charakteristische Bewegung: Nach einer festgelegten Zeit rotiert einer der Kreise, sodass neue Gesprächspaare entstehen. Diese Rotation erinnert an die Funktionsweise eines mechanischen Kugellagers.
Grundlegende Struktur

Das Karussellgespräch basiert auf folgenden Elementen:

  • Zwei konzentrische Kreise
    Die Teilnehmer werden in einen inneren und äußeren Kreis aufgeteilt, wobei sich jeweils zwei Personen direkt gegenübersitzen.

  • Zeitliche Struktur
    Jede Gesprächsrunde dauert eine vorab festgelegte Zeit, meist zwischen 3-10 Minuten.

  • Systematische Rotation
    Nach jeder Runde bewegt sich einer der Kreise um eine Position weiter, wodurch neue Gesprächspaare entstehen.

  • Klare Gesprächsthemen
    Für jede Runde werden spezifische Fragen oder Themen vorgegeben.

 

Ablauf der Kugellager-Methode

  1. Vorbereitung und Aufstellung
    Der Moderator bereitet den Raum vor, indem er zwei konzentrische Kreise aus Stühlen aufstellt. Die Anzahl der Stühle entspricht der Teilnehmerzahl, wobei beide Kreise gleich viele Plätze haben müssen. Die Teilnehmer werden gleichmäßig auf beide Kreise verteilt.

  2. Einführung und Regeln
    Vor Beginn erklärt der Moderator die Regeln der Kugellager-Methode:
    1. Aktives Zuhören steht im Vordergrund
    2. Beide Gesprächspartner sollen gleichberechtigt sprechen
    3. Bei dem Signal zur Rotation wechseln die Positionen
    4. Vertraulichkeit der Gespräche wird gewahrt

  3. Durchführung der Gesprächsrunden
    Jede Runde beginnt mit der Vorgabe eines spezifischen Themas oder einer Fragestellung. Die Gesprächspaare tauschen sich aus, wobei der Moderator die Zeit im Blick behält. Nach Ablauf der vorgegebenen Zeit gibt er ein Signal, und einer der Kreise rotiert um eine Position.

 

Vorteile der Kugellager-Methode

  1. Gleichberechtigte Partizipation
    Die strukturierte Herangehensweise der Kugellager-Methode stellt sicher, dass alle Teilnehmer zu Wort kommen. Schüchterne oder introvertierte Personen erhalten genauso viel Redezeit wie extrovertierte Teilnehmer. Dies führt zu einer ausgewogeneren Meinungsbildung und verhindert, dass einzelne Personen die Diskussion dominieren.

  2. Vielfältige Perspektiven
    Durch die systematische Rotation entstehen verschiedene Gesprächskonstellationen. Jeder Teilnehmer hat die Möglichkeit, mit mehreren anderen Personen zu sprechen und deren unterschiedliche Sichtweisen kennenzulernen. Dies fördert das Verständnis für verschiedene Standpunkte und kann zu kreativeren Lösungsansätzen führen.

  3. Strukturierter Austausch
    Die zeitliche Begrenzung der einzelnen Runden sorgt für Fokussierung und verhindert, dass Gespräche abschweifen. Die klare Struktur gibt den Teilnehmern Sicherheit und erleichtert die Konzentration auf die wesentlichen Inhalte.

  4. Aufbau von Vertrauen
    Die intensive, aber zeitlich begrenzte Interaktion zwischen zwei Personen schafft eine vertrauensvolle Atmosphäre. Teilnehmer können sich in diesem geschützten Rahmen offener äußern, als es in einer großen Gruppendiskussion möglich wäre.

 

Anwendungsgebiete der Kugellager-Methode

  • Bildungsbereich
    In Schulen und Universitäten wird die Kugellager-Methode häufig eingesetzt, um den Austausch zwischen Schülern oder Studenten zu fördern. Sie eignet sich besonders für Diskussionen über kontroverse Themen oder zur Reflexion von Lerninhalten.

  • Unternehmenskontext
    Unternehmen nutzen das Karussellgespräch in verschiedenen Situationen:
  • Soziale Arbeit und Beratung
    In der sozialen Arbeit ermöglicht die Kugellager-Methode den strukturierten Austausch zwischen Klienten oder in Selbsthilfegruppen. Die Methode schafft einen sicheren Rahmen für persönliche Gespräche und gegenseitiges Lernen.

 

Die Kugellager-Methode in der Mediation

In der Mediation hat sich die Kugellager-Methode als besonders wertvoll erwiesen, da sie mehrere Kernprinzipien der Mediation unterstützt. Sie fördert die Selbstbestimmung der Konfliktparteien, ermöglicht strukturierte Kommunikation und schafft Raum für Perspektivenwechsel.

Einsatz in verschiedenen Mediationsphasen:

  • Phase der Interessenserkundung
    In dieser Phase kann die Kugellager-Methode dazu beitragen, dass alle Beteiligten ihre Interessen und Bedürfnisse artikulieren können. Durch die Rotation entstehen verschiedene Gesprächskonstellationen, die es ermöglichen, unterschiedliche Aspekte des Konflikts zu beleuchten.

  • Entwicklung von Lösungsoptionen
    Beim Brainstorming für mögliche Lösungen bietet das Karussellgespräch eine strukturierte Herangehensweise. Jede Gesprächsrunde kann sich auf einen spezifischen Lösungsansatz konzentrieren, wobei die verschiedenen Perspektiven der Teilnehmer eingebracht werden.

  • Verständnisförderung
    Die Kugellager-Methode ermöglicht es den Konfliktparteien, in direkten Dialog zu treten und die Sichtweise der anderen Seite besser zu verstehen. Dies ist ein wesentlicher Baustein für nachhaltige Konfliktlösungen.

 

Anpassungen für Mediationsverfahren
In Mediationsverfahren kann die klassische Aufteilung in zwei Kreise variiert werden. Beispielsweise können im Innenkreis die direkten Konfliktparteien sitzen, während im Außenkreis Unterstützer, Berater oder andere Beteiligte Platz nehmen.

Thematische Fokussierung
Die Gesprächsthemen werden speziell auf den zu mediierenden Konflikt zugeschnitten. Mögliche Themen können sein:

  • Darstellung der eigenen Position
  • Verständnis der anderen Perspektive
  • Gemeinsame Interessen identifizieren
  • Bewertung von Lösungsvorschlägen

Rolle des Mediators
Der Mediator übernimmt bei der Kugellager-Methode mehrere Funktionen:

 

Vorteile in der Mediation

  1. Reduzierung von Machtungleichgewichten
    Die strukturierte Form der Kugellager-Methode verhindert, dass einzelne Parteien das Gespräch dominieren. Alle Beteiligten erhalten gleich viel Redezeit und Aufmerksamkeit.

  2. Förderung der direkten Kommunikation
    Durch die Eins-zu-Eins-Gespräche werden direkte Kommunikationswege zwischen den Konfliktparteien geschaffen. Dies kann helfen, Missverständnisse auszuräumen und Vertrauen aufzubauen.

  3. Emotionale Entlastung
    Die zeitliche Begrenzung der Gespräche und die Rotation können emotional belastende Situationen entschärfen. Wenn ein Gespräch schwierig wird, wissen die Beteiligten, dass es zeitlich begrenzt ist.

 

Herausforderungen und Grenzen

  1. Komplexe Konflikte
    Bei sehr komplexen Konflikten mit vielen Beteiligten kann die Kugellager-Methode an ihre Grenzen stoßen. Die Rotation kann dazu führen, dass wichtige Gesprächsfäden unterbrochen werden.

  2. Emotionale Intensität
    In hocheskalierten Konflikten kann die direkte Konfrontation in der Kugellager-Methode kontraproduktiv sein. Der Mediator muss sorgfältig abwägen, ob die Methode zum jeweiligen Zeitpunkt geeignet ist.

  3. Kulturelle Faktoren
    Die Methode stammt aus dem westlichen Kulturkreis und basiert auf bestimmten Kommunikationsnormen. Bei interkulturellen Mediationen müssen kulturelle Unterschiede in der Kommunikation berücksichtigt werden.

 

Praktische Tipps für die Durchführung

  1. Vorbereitung
    Eine sorgfältige Vorbereitung ist entscheidend für den Erfolg der Kugellager-Methode. Dazu gehören die Auswahl geeigneter Räumlichkeiten, die Formulierung klarer Fragestellungen und die Briefing der Teilnehmer über Ablauf und Ziele.

  2. Zeitmanagement
    Die Dauer der einzelnen Runden sollte dem Thema und der Gruppengröße angepasst werden. Für oberflächliche Kennenlernrunden reichen 3-5 Minuten, für tiefergehende Diskussionen können 7-10 Minuten angemessen sein.

  3. Nachbereitung
    Nach der Durchführung der Kugellager-Methode ist eine strukturierte Nachbereitung wichtig. Dies kann durch Reflexionsrunden, schriftliche Zusammenfassungen oder Folgeaktivitäten geschehen.

 

Zusammenfassung
Die Kugellager-Methode ist eine Moderationstechnik, bei der Teilnehmer in zwei konzentrischen Kreisen sitzen und durch Rotation neue Gesprächspaare bilden. Diese Methode fördert gleichberechtigte Teilnahme und bietet die Möglichkeit, verschiedene Perspektiven zu hören. Sie wird in Schulen, Unternehmen und der Mediation angewendet, um Kommunikation und Lösungsfindung in einem strukturierten Rahmen zu erleichtern. Herausforderungen können bei komplexen Konflikten und interkulturellen Situationen auftreten. Eine sorgfältige Vorbereitung und Nachbereitung sind für den Erfolg der Methode entscheidend.

© 2025 Frank Hartung Ihr Mediator bei Konflikten in Familie, Erbschaft, Beruf, Wirtschaft und Schule

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