Glossar Mediation

Konflikte am Arbeitsplatz

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Konflikte am Arbeitsplatz

Arbeitsplatzkonflikte sind ein großes Problem in Deutschland, das nicht nur Mitarbeiter belastet, sondern auch teuer für Unternehmen ist, mit Kosten von etwa 50 Milliarden Euro jährlich. Ein Bericht zeigt, dass fast 10% der Beschäftigten Mobbing am Arbeitsplatz erfahren. Es besteht ein dringender Bedarf, solche Konflikte anzugehen und Lösungen zu finden.

 

Definition und theoretische Grundlagen von Arbeitsplatzkonflikten

Arbeitsplatzkonflikte sind Spannungen im beruflichen Umfeld, die durch unterschiedliche Interessen, Ziele, Werte oder Wahrnehmungen entstehen und sowohl offen als auch latent das Arbeitsklima stören können. Laut Professor Dr. Klaus Olfert sind sie dynamische Prozesse, in denen die Ziele einer Partei durch das Verhalten einer anderen beeinträchtigt werden. (Olfert, Klaus: "Personalwirtschaft", 18. Auflage, Kiehl Verlag, 2023)

Charakteristische Merkmale von Arbeitsplatzkonflikten

Arbeitsplatzkonflikte sind durch gegenseitige Abhängigkeit, wahrgenommene Zielunvereinbarkeit, emotionale Beteiligung und eine zeitliche Entwicklung gekennzeichnet. Sie unterscheiden sich damit von alltäglichen Meinungsverschiedenheiten.

Funktionale versus dysfunktionale Arbeitsplatzkonflikte

Die Unterscheidung zwischen funktionalen und dysfunktionalen Arbeitsplatzkonflikten ist essentiell für gutes Konfliktmanagement. Diese Kategorisierung basiert auf den Arbeiten von Lewis Coser und wurde für den deutschen Arbeitskontext angepasst und weiterentwickelt.

  1. Funktionale Arbeitsplatzkonflikte
    Funktionale Arbeitsplatzkonflikte haben positive Effekte auf Organisationen. Sie fördern Innovation und Problemlösung und werden als katalytisch für Lernprozesse angesehen. Merkmale sind sachlicher Fokus, respektvoller Umgang, Offenheit für Lösungen, Diskussionskultur und Kompromissbereitschaft. Die Auswirkungen beinhalten verbesserte Entscheidungsqualität, Kreativität, Teamdynamik, Mitarbeiterengagement und die Verhinderung von Groupthink.
  2. Dysfunktionale Arbeitsplatzkonflikte
    Dysfunktionale Arbeitsplatzkonflikte können laut Konfliktforscher Friedrich Glasl ganze Organisationen lähmen. Sie basieren auf persönlichen Animositäten, Machtkämpfen oder nicht gelösten strukturellen Problemen und zeichnen sich durch Personalisierung von Sachthemen, emotionale Eskalation, Bildung von Fraktionen, Sabotage und Fokus auf Gewinn und Verlust aus. Diese Konflikte führen zu Produktivitätsverlusten, erhöhter Fluktuation und Krankheit, verschlechtertem Arbeitsklima und Ressourcenverschwendung sowie Imageschäden für die Organisation.

 

Wissenschaftliche Ansätze zur Analyse von Arbeitsplatzkonflikten

Die Forschung zu Arbeitsplatzkonflikten basiert auf drei hauptsächlichen wissenschaftlichen Ansätzen, die jeweils unterschiedliche Perspektiven und Erklärungsmodelle bieten.

  1. Der soziologische Ansatz
    Der soziologische Ansatz sieht Arbeitsplatzkonflikte als Ergebnis von gesellschaftlichen und organisationalen Strukturen an. Konflikte entstehen durch soziale Systeme und Strukturen, nicht primär durch individuelle Eigenschaften. Laut Professor Renate Mayntz vom Max-Planck-Institut werden diese Konflikte durch strukturelle Spannungen in modernen Arbeitsorganisationen, wie Digitalisierung und flexible Arbeitsformen, verstärkt. Typische soziologische Konfliktursachen sind Interessensunterschiede, Ressourcenverteilung, Rollenkonflikte, Generations- und kulturelle Unterschiede sowie organisatorische Veränderungen.
  2. Der psychologische Ansatz
    Der psychologische Ansatz betrachtet individuelle und interpersonelle Faktoren bei Arbeitsplatzkonflikten. Persönlichkeitsmerkmale, Wahrnehmung und Emotionen spielen bei der Entstehung und Eskalation eine Rolle. Laut Dr. Astrid Schütz ist emotionale Intelligenz zentral für konstruktives Konfliktverhalten. Unterschiedliche Arbeitsstile, Stress, Kommunikationsprobleme, Vorurteile und mangelnde Empathie sind psychologische Konfliktfaktoren.
  3. Der organisatorische Ansatz
    Der organisatorische Ansatz sieht Arbeitsplatzkonflikte als Ergebnis mangelhafter Organisationsstrukturen und -prozesse. Er befasst sich mit Strukturen, Abläufen, Führungsstilen, Unternehmenskultur und Bewertungssystemen für Leistungen. Professor Jürgen Weibler meint, dass komplexe und dynamische Organisationen neue Konfliktarten schaffen, die herkömmliche Managementmethoden herausfordern. Zu den organisatorischen Konfliktursachen zählen unklare Aufgabenverteilung, schlechte Kommunikation, unpassende Führungsspannen und Zielkonflikte.

Integration der wissenschaftlichen Ansätze

In der modernen Konfliktforschung wird ein integratives Vorgehen bevorzugt, welches strukturelle, psychologische und organisatorische Faktoren vereint, um Arbeitsplatzkonflikte besser zu verstehen und effektiv zu lösen. Diese Vorgehensweise führt zu einem vollständigeren Verständnis von Konflikten, ermöglicht maßgeschneiderte Lösungen, berücksichtigt unterschiedliche Perspektiven und trägt zu einer nachhaltigen Konfliktprävention bei. Zukünftige Forschungen werden diese Ansätze, vor allem im Hinblick auf digitale Transformation und neue Arbeitsformen, weiter verfeinern.

 

Am häufigsten betroffene Gruppen in Arbeitsplatzkonflikten

Jüngere Arbeitnehmer, Auszubildende und Personen in sozialen Berufen sind am meisten von Arbeitsplatzkonflikten betroffen. Laut Studien erleben 85 Prozent der Arbeitnehmer Konflikte am Arbeitsplatz, wobei jüngere Beschäftigte stärker betroffen sind: 11,4 Prozent der 18- bis 29-Jährigen erfahren Mobbing, im Vergleich zu nur 3,2 Prozent der 50- bis 59-Jährigen. Diese Zahlen zeigen die Notwendigkeit von gezielten Präventionsmaßnahmen für besonders gefährdete Gruppen.

  1. Demografische Anfälligkeit für Arbeitsplatzkonflikte
    Junge Arbeitnehmer der Generation Z sind eine Hochrisikogruppe für Mobbing und Generationenkonflikte am Arbeitsplatz. Sie erleben weitaus häufiger solche Konflikte als ältere Kollegen, was zu höherer Belastung und geringerer Arbeitszufriedenheit führt. Teams mit überwiegend älteren Kollegen verzeichnen besonders viele Generationenkonflikte. Trotz einer höheren Konfliktrate liegt der Krankenstand der unter 30-Jährigen unter dem Durchschnitt, möglicherweise aufgrund wirtschaftlicher Unsicherheiten. Es gibt einen klaren Zusammenhang zwischen fehlenden Generationenkonflikten und höherer Arbeitszufriedenheit.
  2. Auszubildende und ihre besondere Vulnerabilität
    Auszubildende sind besonders anfällig für Mobbing und Belästigung am Arbeitsplatz. Ihre schwache Position in der Hierarchie und ihre Abhängigkeit vom Ausbildungsbetrieb machen sie für Machtmissbrauch durch Kollegen oder Vorgesetzte verwundbar. Sie haben oft weniger Möglichkeiten, Konflikte zu bewältigen, kennen ihre Rechte schlecht und haben weniger Zugang zu Unterstützungssystemen. Menschen mit niedrigem sozioökonomischen Status sind ebenfalls häufiger von Mobbing betroffen.
  3. Geschlechtsunterschiede und spezifische Belästigungsformen
    Bei Arbeitsplatzbelästigungen berichten Männer mit 7% etwas häufiger von Mobbing und Gewalt als Frauen mit 6%. Verbale Beleidigungen und Drohungen erleben beide Geschlechter ähnlich often, wobei 11% aller Befragten davon betroffen sind. Sexuelle Belästigung ist mit 2% seltener und geschlechtsspezifische Daten dazu sind nicht detailliert. Junge Erwachsene zwischen 16 und 24 Jahren sind mit 16% am häufigsten von verbalen Beleidigungen betroffen, während ältere ab 55 Jahren mit 8% am wenigsten berichten, was die Verletzlichkeit junger Arbeitnehmer zeigt.
  4. Menschen mit Migrationshintergrund als Risikogruppe
    Menschen mit Migrationshintergrund sind überdurchschnittlich oft von Mobbing betroffen. Eine Studie des Universitätsklinikums Leipzig zeigt, dass 20% der gemobbten Personen einen Migrationshintergrund haben, im Vergleich zu nur 13,5% in der nicht-betroffenen Gruppe.
    Leih- und Zeitarbeitnehmer erleiden ebenfalls häufiger Mobbing, da sie weniger in Betriebe integriert sind und seltener Zugang zu Schutzstrukturen haben. Besonders anfällig sind junge Migranten in Zeitarbeit, da sich ihre Risikofaktoren häufen.

 

Branchenspezifische Anfälligkeit für Arbeitsplatzkonflikte

  1. Im Gesundheitswesen und in der Altenpflege gibt es deutlich mehr Arbeitsplatzkonflikte und psychische Belastungen als in anderen Branchen. 30 Prozent der Beschäftigten berichten von Generationenkonflikten und die Fehltage wegen psychischer Probleme sind sehr hoch.
  2. Im Bildungswesen gibt es ähnliche Probleme, wobei besonders die Kinderbetreuung betroffen ist.
  3. Im Gegensatz dazu haben die Datenverarbeitungs- und Lebensmittelproduktionsbranchen weniger Konflikte und psychische Fehltage.

Diese Unterschiede weisen auf die Notwendigkeit von branchenspezifischen Präventionsstrategien hin.

 

Gesundheitliche und wirtschaftliche Folgen von Arbeitsplatzkonfikten

  1. Arbeitsplatzkonflikte haben erhebliche Gesundheitsfolgen, insbesondere psychische Erkrankungen wie Depressionen und Angststörungen, und führen zu Arbeitsunfähigkeit und hohen Krankheitstagen. Junge Arbeitnehmer sind besonders durch langfristige Auswirkungen betroffen.
  2. Wirtschaftlich gesehen verursachen Konflikte immense Kosten:
    1. Führungskräfte verwenden bis zu 50% ihrer Zeit für Konflikte, und die volkswirtschaftlichen Schäden belaufen sich auf circa 50 Milliarden Euro jährlich.
    2. Mobbing kostet pro Fall zwischen 25.000 und 50.000 Euro.
    3. Ungefähr 50% der Kündigungen gehen auf Konflikte zurück, was zu hohen Fluktuations- und Einarbeitungskosten führt.
  3. Konflikte beeinträchtigen zudem Projektarbeit und Produktivität. Investitionen in Konfliktprävention und -management könnten diese Kosten reduzieren.

 

Risikofaktoren und organisationale Bedingungen

  1. In vielen deutschen Unternehmen fehlt eine konstruktive Konfliktkultur, was insbesondere für junge Arbeitnehmer und Auszubildende problematisch ist, da diese Gruppen bei Konflikten oft benachteiligt sind. Ein partnerschaftlicher Umgang am Arbeitsplatz und ein gutes Führungsverhalten können Mobbing vorbeugen und ein positives Arbeitsklima schaffen. Führungskräfte tragen die Verantwortung, eine respektvolle Unternehmenskultur zu fördern.
  2. Zudem verschärfen Arbeitsmarktspannungen und Unsicherheiten, wie prekäre Beschäftigungsverhältnisse, die Konfliktsituation und benachteiligen bestimmte Gruppen noch stärker.

 

Prävention und Lösungsansätze

Um Mobbing und Konflikte am Arbeitsplatz zu verhindern, sollten Unternehmen strukturelle Reformen wie flache Hierarchien und Mitbestimmung fördern. Konfliktberatungsstellen und mediatoren helfen dabei, Spannungen niederschwellig anzugehen. Weiterbildung in Konfliktmanagement für alle Angestellten ist wichtig. Gemischte Teams aus verschiedenen Generationen und Hintergründen sollten unterstützt und Integration gefördert werden, um Diskriminierung zu vermeiden.

 

Typische Konfliktthemen in deutschen Betrieben

 In deutschen Unternehmen sind Mehrarbeit, Eingruppierung und Reorganisation häufige Konfliktthemen. Die Konfliktursachen sind oft arbeitsorganisatorische und vergütungsbezogene Aspekte. Schwierige psychosoziale Arbeitsplatzstrukturen, wie Arbeitsverdichtung, Umstrukturierungen, Angst vor Arbeitslosigkeit, Führungswechsel, autoritärer Führungsstil und fehlende Sozialkompetenz fördern Konflikte. Konflikte führen häufig zu Kündigungen, wobei ungelöste Konflikte sowohl von Mitarbeitenden als auch von Arbeitgebern als Kündigungsgrund genannt werden. Arbeitsplatzkonflikte lassen sich in Sach-, Beziehungs- und Kommunikationskonflikte unterteilen, wobei jedes eine eigene Herangehensweise zur Lösung erfordert. Das Eskalationsmodell von Friedrich Glasl beschreibt neun Stufen von Konflikten, von "Win-Win" bis zu einem "Lose-Lose"-Szenario.

 

Mediation bei Konflikten am Arbeitsplatz

Mediation ist ein außergerichtliches Konfliktlösungsverfahren, das zunehmend am Arbeitsplatz angewandt wird. Dabei hilft ein neutraler Mediator, eine gemeinsame Lösung zu finden, ohne Schuldzuweisungen. Der Mediationsprozess umfasst Gespräche, bei denen die Parteien ihre Standpunkte darlegen und zu einem besseren Verständnis kommen sollen, mit dem Ziel einer schriftlichen, bindenden Vereinbarung. Mediation kann schnell zu einer nachhaltigen Lösung führen, das Arbeitsklima verbessern und wird oft von Arbeitgebern finanziert oder von öffentlichen Stellen günstig angeboten. Insgesamt stellt Mediation eine sinnvolle Investition in ein harmonisches Arbeitsumfeld dar.

  1. In Deutschland hat sich ein strukturierter Mediationsablauf etabliert, der in sieben Schritten abläuft und sich bei Arbeitsplatzkonflikten bewährt hat.Der Mediator führt die Parteien durch das Verfahren, welches freiwillig und auf Vertraulichkeit basiert.
  2. Die Dauer einer Mediation bei Arbeitsplatzkonflikten kann variieren, durchschnittlich dauern Wirtschaftsmediationen etwa 6,3 Wochen. Frühe Interventionen erhöhen die Erfolgswahrscheinlichkeit.
  3. Mediation bietet neben anderen Methoden wie Workshops, Supervision und Führungsmaßnahmen eine kostengünstige und effektive Lösung für Konflikte im Arbeitsumfeld. Allerdings gibt es Grenzen der Mediation, wie strukturelle Machtungleichgewichte oder psychische Erkrankungen der Beteiligten. Trotzdem zeigt Mediation oft hohe Erfolgsquoten und ist eine präventive Maßnahme, die zu einer Reduktion von Mobbing und krankheitsbedingten Fehlzeiten führen kann.

 

Handlungsempfehlungen für betroffene Personen

Es gibt mehrere Empfehlungen für den Umgang mit Arbeitsplatzkonflikten: Direkte Kommunikation mit der betroffenen Person, sachliche Dokumentation von Problemen, Einbeziehung des Vorgesetzten, offensive Herangehensweise bei Überlastung, sachliche Klärung bei unfairer Behandlung, externe Hilfe, Kontakt zum Betriebsrat aufnehmen und frühzeitige Mediation suchen. Führungskräfte sollten einen 6-Schritte-Ansatz befolgen, der Gespräche, neutrale Vermittlung und bei Bedarf rechtliche Schritte umfasst.

 

Fazit

Arbeitsplatzkonflikte stellen ein großes Problem in deutschen Unternehmen dar, sowohl für die Mitarbeiter als auch wirtschaftlich mit Kosten um 50 Milliarden Euro jährlich. Sie entstehen durch unterschiedliche Interessen und können sowohl funktionale als auch dysfunktionale Auswirkungen haben. Es gibt verschiedene Ansätze zur Analyse von Konflikten, wobei moderne Forschung eine integrative Betrachtung bevorzugt. Besonders junge Arbeitnehmer und Auszubildende sind oft betroffen. Zur Konfliktlösung werden Mediation und strukturelle Reformen wie flache Hierarchien empfohlen.

Synonyme: Arbeitsplatzkonflikte, Arbeitsplatzkonflikt
© 2025 Frank Hartung Ihr Mediator bei Konflikten in Familie, Erbschaft, Beruf, Wirtschaft und Schule

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